Papst-Residenz Castel Gandolfo öffnet für Publikum
Castel Gandolfo (dpa) — Das päpstliche Bett ist schmal - nicht „King Size“, eher „Queen Size“. Ein messingfarbenes Gestell, eine gesteppte beigefarbene Tagesdecke, zwei Nachttische. Das war es.
Unter dem Schlafzimmer eines Pontifex hätte man sich irgendwie etwas Pompöseres vorgestellt. Nun kann man seine Vorstellungen vom Leben des Papstes mit der Wirklichkeit in dessen Sommerresidenz abgleichen.
In das Castel Gandolfo kamen bisher außer dem Kirchenoberhaupt selbst nur wenige rein. Jetzt darf jeder durch die Jahrhunderte alte private Wohnung Dutzender Päpste streifen. Von Samstag an ist der Apostolische Palast am Albaner See in der kleinen Stadt südlich von Rom für das Publikum geöffnet. Denn der jetzige Papst Franziskus nutzt ihn nicht, um sich vom Stress in Rom zu entspannen.
Der letzte Pontifex, der die frische Luft in den Albaner Bergen genoss, war Benedikt XVI. Sein Bild hängt im Zimmer der Privatsekretäre, auf einem gegenüberstehenden Tisch steht noch ein weiß-blaues bayerisches Fähnchen. Hierher zog sich der gebürtige Bayer Benedikt auch zurück, nachdem er im Februar 2013 zurücktrat und mit einem Hubschrauber in Richtung Castel Gandolfo entschwebte.
Doch Franziskus bleibt in Rom. Er hatte Benedikt einmal in Castel Gandolfo besucht und gemeinsam mit ihm gebetet. Eine Sensation war das, zwei Päpste gemeinsam im Gebet. Doch Erholung kennt der 79-jährige Argentinier nicht. Dass er die privaten Räume nun öffnet, liegt voll auf der Linie des volksnahen Papstes.
„Das repräsentiert perfekt die Politik dieses Papstes“, sagt der Leiter der Vatikanischen Museen, Antonio Paolucci, am Freitag bei der Vorbesichtigung. „Hier kam früher vielleicht mal ein Staatschef oder ein Kardinal rein, es war ein geschlossenes Universum, drinnen war nur der Papst. Jetzt können es alle sehen.“
Neben dem Schlafzimmer sind unter anderem die Bibliothek und das Arbeitszimmer zu sehen. Brokat an den Wänden, Möbel im barocken Stil, Papststatuen und Gemälde. Auch die Pantoffeln diverser Päpste sind ausgestellt. Die Fenster öffnen den Blick auf den kreisrunden See, der dem Palast zu Füßen liegt. Den großen Garten der Päpste kann man schon seit 2014 besichtigen. Der päpstliche Bauernhof innerhalb der Anlage, die größer als der Vatikan ist, beliefert auch Franziskus in Rom mit Milch und Eiern von glücklichen Kühen und Hennen.
Seit fast 500 Jahren ist der Palast im Besitz des Vatikans. Hier ist Geschichte wie im Brennglas zu erleben. So soll Papst Pius XII. im Zweiten Weltkrieg Juden in Castel Gandolfo versteckt haben. Dutzende Frauen haben während des Krieges im Schlafzimmer des Papstes ihre Kinder bekommen. Um die 40 Babys sollen im Papst-Bett geboren sein.
Papst Johannes Paul II. nutzte die Anlage hingegen, um etwas für seine Fitness zu tun. Er joggte durch die Gärten, spielte Tennis und zog seine Bahnen im Schwimmbecken. Einem Paparazzo gelang hier sogar ein Schnappschuss des Papstes in Badehose.
Dass Franziskus nicht mehr komme, sei „nichts skandalöses“, betont der Kurator der Vatikanischen Museen, Sandro Barbagallo. Auch andere Päpste vor ihm hätten Rom nicht verlassen. Und falls sich Franziskus' Nachfolger dafür entscheide, wieder in den Gemächern zu residieren? Die Entscheidung des jetzigen Papstes könne natürlich auch wieder rückgängig gemacht werden.
Die Einwohner von Castel Gandolfo würden das sicher unterstützen. „Die Touristen kommen noch, aber nicht mehr so viele wie früher, als der Papst persönlich noch hier war“, sagt Stefano Carosi, der vor den Toren des Palastes ein Café betreibt. „Es ist was anderes, wenn der Papst hier vor Ort ist.“ Benedikt habe bei ihm zwar noch keinen Espresso getrunken, aber der Ex-Papst komme immer noch hin und wieder für einen Spaziergang nach Castel Gandolfo.
Die Bürgermeisterin des Ortes hegt trotz allem die Hoffnung, dass Franziskus doch noch Interesse an der Sommerresidenz zeigt. „Er hat mich gefragt, ob ich böse auf ihn bin, weil er nicht kommt. Da habe ich natürlich gesagt nein“, sagte Milvia Monachesi unlängst der Zeitung „La Repubblica“. „Aber unsere Hoffnung, dass er doch kommt, besteht noch.“