Nach tödlicher Messerattacke Politiker wollen Alter junger Flüchtlinge strenger prüfen

Berlin/Kandel (dpa) - Eine konsequentere Altersprüfung junger Flüchtlinge haben Politiker verschiedener Parteien verlangt. Die Forderungen wurden nach der tödlichen Messerattacke auf eine 15-Jährige in der pfälzischen Kleinstadt Kandel laut.

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Tatverdächtig ist ein nach Behördenangaben gleichaltriger Ex-Freund, der seit Donnerstag in Untersuchungshaft sitzt. Am Alter des Afghanen waren Zweifel aufgetaucht. Wäre der mutmaßliche Täter volljährig, müsste er sich nach dem Erwachsenenstrafrecht verantworten.

Aus der CSU wurden Rufe nach einer obligatorischen Altersfeststellung mittels medizinischer Untersuchungen etwa der Handknochen verlangt. Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Stephan Mayer (CSU), sah in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Samstag) „sehr gute Gründe dafür, dass wir - wie viele andere EU-Länder - eine verpflichtende medizinische Feststellung des Alters von angeblich minderjährigen Jugendlichen vornehmen“.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe: „Wir brauchen eine strikte Regelung für eine medizinische Altersüberprüfung von allen ankommenden Flüchtlingen, die nicht klar als Kinder zu erkennen sind.“ Dafür werde sich die CSU in den Koalitionsverhandlungen mit der SPD einsetzen. „Noch immer täuschen zu viele Flüchtlinge ein jugendliches Alter vor.“ Das Alter ist wichtig für das Strafrecht und die Leistungen für Asylbewerber.

Der SPD-Innenexperte Burkhard Lischka befürwortete „einheitliche Standards“, auf die sich Bund und Länder einigen sollten. „Es ist unbefriedigend, wenn jedes Jugendamt in Deutschland weitestgehend eigenständig entscheidet, wie die Altersfeststellung erfolgt“, sagte er der „Welt am Sonntag“. Eine Untersuchungspflicht lehnte er ab.

Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft für Forensische Altersdiagnostik, Professor Andreas Schmeling, sagte der Zeitung: „Zwar kann man nicht das exakte Alter bestimmen, doch der zweifelsfreie Nachweis der Volljährigkeit ist möglich.“

Die AfD sprach von einem „Messermord“ und erklärte, sie fordere „seit rund zwei Jahren obligatorische Altersfestellungen“. Ihre Budnestagsfraktionsvorsitzende Alice Weidel warf den Behörden „staatliches Versagen auf ganzer Linie“ vor. Der bayerische AfD-Chef Martin Sichert teilte mit: „Eine systematische Altersbestimmung bei unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen ist unerlässlich.“

Die Polizei äußerte sich am Samstag nicht zum Ermittlungsstand. Voraussichtlich gebe es erst am kommenden Dienstag eine neue gemeinsame Pressemitteilung von Polizei und Staatsanwaltschaft, sagte ein Sprecher. An diesem Montag wollen vier Kirchengemeinden von Kandel bei ihrem traditionellen ökumenischen Neujahrsgottesdienst des getöteten Mädchens gedenken.

Zum geplanten Neujahrsgottesdienst in Kandel sagte die evangelische Pfarrerin Mirjam Dembek der Deutschen Presse-Agentur, die Tat werde sich in allen Gebeten und Texten widerspiegeln. Auch eine Gedenkminute und einige Worte von Lokalpolitikern seien geplant. Vor einem Jahr hatte der Neujahrsgottesdienst laut Dembek 80 bis 100 Besucher. „Diesmal werden es wohl deutlich mehr sein“, vermutete die Pfarrerin. „Wir spüren das Bedürfnis der Menschen, einen Ort und eine Zeit zu haben, um ihre Anteilnahme ausdrücken zu können.“