Präsident übernimmt Kommando bei Taifun-Hilfe

Tacloban (dpa) - Die Probleme bei den Hilfsmaßnahmen im Taifun-Katastrophengebiet haben den philippinischen Präsidenten zu einer ungewöhnlichen Aktion veranlasst.

Der in die Kritik geratene Benigno Aquino übernahm am Montag das Kommando über die Organisation der Hilfsaktionen und kündigte an, so lange auf der verwüsteten Insel Leyte zu bleiben, bis Hunderttausende Opfer angemessen versorgt sind. Das könnte dauern, denn nach Einschätzung von UN-Experten dürfte es auch fast zwei Wochen nach dem verheerenden Wirbelsturm mit Tausenden Toten immer noch Gebiete geben, in die kein Helfer vorgedrungen ist.

Er sei „versucht, zu verzweifeln“, sagte Aquino zum Ausmaß der Zerstörung. Es gebe allerdings auch schon positive Zeichen. „Die Menschen finden zurück zur Normalität. Tankstellen haben geöffnet und am Mittwoch sollen die Banken wieder aufsperren. Auf dem Markt gibt es wieder etwas zu kaufen“, sagte er vor Journalisten nach einem Besuch der Städte Palo und Alangalang. Aquino übernachtete im verwüsteten Tacloban und inspizierte am Montag die Hilfsaktivitäten.

Seinen Frust konnte der Präsident kaum verbergen. „Was ist schief gelaufen?“, fragte ein BBC-Reporter. „Fragen sie die Lokalbehörden“, antwortete Aquino. Diese seien immer die ersten Helfer, die nationale Regierung könne das nur ergänzen. „Nur, wenn dieses Rückgrat nicht existiert, wie sollen wir dann etwas ergänzen?“, schimpfte er. „Da ist etwas auf Behördenseite sehr schief gelaufen.“

Brisant dabei ist, dass Aquino und der Bürgermeister von Tacloban, Alfred Romualdez, rivalisierenden politischen Clans angehören. Romualdez ist ein Neffe der Witwe von Diktator Ferdinand Marcos. Aquino ist Sohn des Marcos-Widersachers Benigno Aquino, der bei der Rückkehr aus dem Exil 1983 von Marcos-Schergen erschossen wurde.

Bürgermeister Romualdez wehrte sich gegen die Vorwürfe des Präsidenten. „Das Problem ist wohl die Koordination zwischen der nationalen Regierung hier vor Ort und in Manila“, sagte er der BBC.

Indes verkündete der Chef der Katastrophenbehörde, Eduardo Del Rosario, dass die Helfer alle Betroffenen in Leyte und den Provinzen Samar und Ost-Samar erreicht hätte. Vertreter von internationalen Hilfsorganisationen bezweifeln dies, es gebe Koordinationsprobleme und Engpässe. „Es würde mich nicht überraschen, dass es jetzt, am elften Tag dieser Katastrophe, unglücklicherweise immer noch sehr isolierte Gebiete geben könnte“, sagte Bernard Kerblat, der Vertreter des UN-Hochkommissars für Flüchtlinge auf den Philippinen.

Dass die Menschen in dem südostasiatischen Inselstaat noch länger auf Nothilfe angewiesen sind, glaubt auch Moritz Wohlrab vom Bündnis „Aktion Deutschland Hilft“. Vielen betroffenen Philippinern fehlten weiter Trinkwasser und Lebensmittel, Zeltbahnen und Hygieneartikel. „Es wird noch eine Weile andauern, bis der Grundbedarf gedeckt ist.“

Nach Angaben der philippinischen Behörden sollen so schnell wie möglich Strom und Benzin zur Verfügung stehen. In Tacloban sei die Wasserversorgung wieder hergestellt. Bis Weihnachten solle es dort auch wieder Strom geben, kündigte Energieminister Jericho Petilla an.

Die offizielle Zahl der Todesopfer durch den Taifun lag am Montag bei 3976. Mehr als 1600 Menschen waren vermisst gemeldet. Taifun „Haiyan“ war der gewaltigste Taifun, der je Land erreichte. Er war am 8. November quer über den Inselstaat gefegt und hatte meterhohe Sturmfluten ausgelöst, die an einem Hunderte Meter breiten Küstenstreifen alles fort rissen. Hunderttausende wurden obdachlos.