Projekt: Führerschein für Ein-Euro-Jobber

In Lünen erarbeiten sich Arbeitslose ihre Fahrerlaubnis selbst. Für die Teilnehmer hat das positive Effekte.

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Lünen. Über ein Jahr lang war Kathrin Müller arbeitslos. Zahlreiche Bewerbungen hat die 29-Jährige geschrieben, doch wenn sie die erste Hürde schaffte und zum Vorstellungsgespräch eingeladen wurde, war es immer das Gleiche — der fehlende Führerschein bremste sie sprichwörtlich aus. „Das war ein K.o.-Kriterium“, sagt Müller.

Ein landesweit einzigartiges Projekt des Multikulturellen Forums Lünen half ihr vor einem Jahr, diese Lücke zu schließen. Als sogenannte Ein-Euro-Jobberin erledigte sie Verwaltungsaufgaben in einem Berufskolleg und sparte sich damit peu à peu ihren Führerschein zusammen. „Sonst hätte ich mir die 1500 Euro gar nicht leisten können“, sagt sie.

Wie Müller haben in den vergangenen sieben Jahren mehr als 100 Langzeitarbeitslose ihre Fahrerlaubnis selbst erarbeitet — ein Drittel ist mittlerweile wieder in Lohn und Brot. Für Projektleiter Bernd Wagener ist das eine gute Quote. „Der Führerschein allein ist natürlich keine Jobgarantie. Er erhöht aber die Chancen auf dem Arbeitsmarkt“, sagt Wagener.

Viele Langzeitarbeitslose brauchen aber beim Führerschein Unterstützung. „Einige haben aufgrund der langen Arbeitslosigkeit psychische Erkrankungen, was alles noch schwieriger macht“, sagt Wagener.

Im Projekt werden die Teilnehmer daher an die Hand genommen, beraten und erhalten schon mal Nachhilfe bei der Theorie. Aktuell sind es 49 Teilnehmer, die in Schulen, Altenheimen und Kitas arbeiten. „Die Nachfrage ist hoch. Es gibt mehr Bewerber als Plätze“, so Wagener weiter.

In Düsseldorf wird es so ein Projekt in absehbarer Zeit nicht geben. „Natürlich ist der Führerschein für einige Bereiche wichtig — aber nicht für alle Branchen“, sagt Jobcenter-Sprecher Jürgen Hennigfeld. Der ÖPNV sei in Düsseldorf so gut, dass man nicht unbedingt einen Führerschein brauche. „Das kann in ländlicheren Gebieten anders sein“, sagt er.

In Wuppertal wird das Lünener Projekt interessiert verfolgt. „Das ist eine innovative Idee“, erklärt Andreas Kletzander, Sprecher des Wuppertaler Jobcenters. Wenn ein Langzeitarbeitsloser für eine Stelle zwingend eine Fahrerlaubnis braucht, dann werde dies aber auch künftig im Einzelfall durch das Jobcenter finanziert, so Kletzander weiter.

Dank der Fahrerlaubnis in der Tasche konnte Kathrin Müller schnell einen Arbeitsplatz im Einzelhandel im 15 Kilometer entfernten Nachbarort finden. Mit dem Auto, sagt die 29-jährige Frau, sei sie viel flexibler und auch bei Früh- oder Spätschicht nicht mehr auf den Bus angewiesen. „Es ist einfach ein tolles Gefühl, wieder eine Arbeit zu haben.“