Köln Coloneum Promi Big Brother: Warum Zlatkos Rückkehr so spannend ist

Düsseldorf · „Promi Big Brother“ auf Sat.1 sorgt für Wirbel, weil der erste Star des Formats dabei ist. Zlatko hat eine Branche begründet. Warum seine Rückkehr so spannend ist. Eine Analyse.

So sieht Zlatko Trpkovski heute aus.

Foto: dpa/Marc Rehbeck

Mit einem voll gepackten Koffer wollte der Kfz-Mechatroniker Zlatko Trpkovski am Freitagabend zurück in die Vergangenheit reisen, aber dann hatte sich in 19 Jahren doch zu viel verändert: Aus dem unbedarften und naiv-sympathischen 24-Jährigen, der 2000 in das Big Brother-Haus in Köln-Hürth gezogen war, in dem sich durchaus normale Menschen 100 Tage lang freiwillig rund um die Uhr und in jeder Situation von Kameras beobachten ließen, ist nach einem medialen Vollwaschgang und 15 Jahre Ausnüchterungsphase ein anderer geworden. Und mit ihm das Format: Jeder nimmt bitte nur ein Teil mit auf den am Kölner Coloneum errichteten Camping-Platz, alle ziehen sich danach alberne Klamotten an und nudeln vor Kameras absehbare Spiele durch, um mehr als rar essen zu können. 14 Tage lang.

Der Star ist oder wird selbst gemacht

Und alle sind jetzt prominent im „Promi Big Brother“, weil sie sich wahlweise rechtzeitig von Düsseldorfs vermeintlichem Kult-Zuhälter Bert Wollersheim haben heiraten lassen oder „Mama Laudaaa“ am mallorquinischen Ballermann trällern. Andere detektivieren sich achtelprofessionell durch den schmuddeligen TV-Nachmittag oder bemühten sich stets nackig im RTL-Format „Love Island“ um andere schwach Angezogene. Motto: Mal was an ist auch spannend. Es gilt: Der Star ist oder wird selbst gemacht. Das ist die günstigste Rampe für den Reichtum derer, die ihre Rechte an den Z-Promis haben.

Mittendrin: Zlatko. Einst nicht Sieger, aber Liebling der Massen. Und nun sicher der Teuerste, weil nur „Geld“ ihn zum Comeback getrieben habe, wie er sagt, und die Summe nur groß genug werden musste, um so viele Jahre Abstinenz in jeder Öffentlichkeit durchbrechen zu können. Seine Teilnahme wirkt wie billiger Quotenhype der Sat.1-Spekulanten, ist aber aus der Medien-Vogelperspektive nicht weniger als TV-Geschichte, weil sich an dem Mann mit mazedonischen Wurzeln aus dem baden-württembergischen 6000-Einwohner-Dorf Nattheim TV-Geschichte markieren lässt.

Zlatko Trpkovski bei einer Party zum Finale der Fernsehshow "Big Brother" im Jahr 2000.

Foto: dpa/Gero Breloer

Aus heutiger Perspektive ist die erste Staffel der Big-Brother-Reihe – damals noch auf RTL 2 – reine Hochkultur, weil sich eine Schar von Psychologen darüber ausließ, wie Normalos auf permanente Beobachtung reagieren, Psychologen jeden Dialog, alle Liebelei und manche Frustration deuteten – und Millionen von Hobby-Psychologen dabei waren. 100 Tage lang Voyeurismus, mit ein bisschen Niveau.

Und doch war mit der erfolgreichen Einkerkerung von Hürth auch der Anfang des längst raumgreifenden Trash-TV gemacht. Es reifte in den Produktionsbüros die Erkenntnis, dass die Menschen von der Straße gar nicht normal genug sein können, um sie durch permanente Mattscheiben-Präsenz im Ausland („Die Auswanderer“), in getauschten Wohnungen („Frauentausch“) oder sonst irgendwie und irgendwo nicht mindestens zu One-Hit-Stars machen zu können. Wer von nun an dabei war, musste danach entweder a) ein Lied produzieren, b) eine Telefonquizsendung mit überhöhten Gebühren moderieren oder c) Autogramme in der Dorfvideothek schreiben. Oder: Ab an den Ballermann, wo die Bierkrüge gar nicht oft genug an den Köpfen landen konnten, um nicht das gut zu finden, was sie da jetzt serviert bekamen: den gerade erst im eigenen Wohnzimmer geborenen Star, hier nun auf der Bühne – mit zwei, drei aus der Produzenten-Rippe geleierten Songs. Zlatko, genannt Sladdi, grölte: „Ich vermiss’ Dich wie die Hölle!“ – und wurde damit Nummer eins. Danach war er weg. Und schraubte wieder Autos.

So gesehen begründeten er und TV-Freund Jürgen Milski (sie sangen: „Großer Bruder“), der noch heute finanziell erfolgreich am Ballermann musiziert, eine Branche, die blüht. Und an der sich viele Menschen eine goldene Nase verdienen. Vor allem jene, die ohne Rücksicht auf Verluste einen Z-Promi nach dem anderen durchnudeln und dann fallen lassen, wenn der nächste vor der Tür steht. Es wird gnadenlos nachproduziert. So lässt sich’s leben.

Dass Zlatko selbst jetzt nochmal abgreift, macht die Geschichte rund. Er ist der Spiegel für jene, die mehr in diese Formate hinein interpretieren wollen, als die noch geben könnten. Und daran scheitern, weil die Protagonisten nur noch ihr Leben nach dem Format im Blick haben – und es in der Sendung vorbereiten. Zlatko beobachtet das gerade weitgehend gleichgültig. Vielleicht schließt sich mit ihm ein unseliger Kreis.

Wahrscheinlich aber ist das nicht.