Rätsel der hängenden Schuhe
Die Treter hängen in Bäumen, an Masten und Kabeln. Sie sorgen weltweit für erstauntes Grübeln.
Berlin. Eines Morgens baumelten plötzlich Schuhe über dem Kopf des Bäckers Halil Kur. Zuerst war es nur ein Paar alter Turnschuhe. Halil Kur bemerkte es auf dem Weg in seine Bäckerei an der U-Bahn-Haltestelle Kottbusser Tor im Berliner Stadtteil Kreuzberg.
Die alten Treter hingen an den Schnürsenkel zusammengebunden an einem Kabel, das mehrere Meter über dem Gehweg gespannt ist. Damals dachte der Bäcker sich nichts dabei. Jetzt, ein paar Monate später, ist das anders. Elf weitere Paare hängen mittlerweile nebeneinander im Frühlingswind. Der Bäcker ist ratlos.
Das Phänomen der hängenden Schuhe ist weltweit bekannt. Berichte über Schuhe an Kabeln, Masten, Ampeln, Brücken und Bäumen kommen aus Kanada und Argentinien ebenso wie aus Großbritannien, Österreich oder Neuseeland. In Deutschland wurden sie außer in Berlin in Leipzig, Hamburg, Köln, München und Konstanz gesichtet.
Doch obwohl es mehrere Erklärungsversuche gibt, bleiben die Hintergründe unklar. Am weitesten zurück geht eine Legende, die aus Schottland stammen soll: Ein aufgehängtes Paar Schuhe in der Nähe eines Hauses symbolisiert dort demnach seit Jahrhunderten, dass ein Mann seine Unschuld verloren hat.
Die meisten Theorien kommen aus den USA: Sie reichen von Studenten oder Schülern, die mit dem Ritual ihren Abschluss feiern, bis zu Soldaten, die am Ende des Militärdienstes mit dem Wurf ihrer Kampfstiefel über Kabel oder Zäune ein Zeichen setzen wollen. Verbreitet sind dort auch „shoetrees“, Bäume, die über und über mit Schuhen behangen sind.
Ein solcher Baum steht am einsamen Highway 50 in Nevada. Das erste Paar soll Erzählungen nach vor etwa 20 Jahren durch die Luft geflogen sein. Ein Brautpaar soll sich auf dem Weg zur Hochzeit dermaßen gestritten haben, dass der Bräutigam im Zorn die Schuhe seiner Verlobten auf einen Ast warf. Weil das Paar es nicht schaffte, sie wieder herunterzuholen, redeten sie — und vertrugen sich dabei wieder.
Beim Ordnungsamt des Berliner Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg kann man wenig mit dem mysteriösen Trend anfangen. Wer beim Schuhewerfen erwischt wird, müsse mit einem Verwarnungsgeld von bis zu 35 Euro rechnen, heißt es.