„Zeppelin“ im Wintergarten Ralph Siegels Musical und der „Traum vom Broadway“
Berlin (dpa) - Ralph Siegel ist mit vollem Einsatz dabei: Sei es beim Händeschütteln vor der Vorstellung oder nach dem Schlussapplaus beim Verteilen der Rosen an die Darsteller. Still sitzen ist jedenfalls nichts für den Komponisten.
Das ist schon in den ersten Minuten seines neuen Musicals „Zeppelin“ ganz gut zu beobachten. Der 71-Jährige wippt mit der Musik, seine Finger geben immer wieder den Takt vor, er fiebert mit. Der Produzent („Ein bißchen Frieden“) hat in den Berliner Wintergarten geladen und dem Hauptstadtpublikum am Montagabend sein Stück über die letzte Fahrt des vor 80 Jahren nahe New York verunglückten Luftschiffs „Hindenburg“ präsentiert.
Wer nun ein durchorganisiertes Musical mit ausgereifter Bühnenchoreographie erwartet hatte, wurde enttäuscht. Angekündigt war aber auch etwas anderes, nämlich eine szenische Lesung, bei der die Darsteller, hinter Notenständern postiert, ihren jeweiligen Part live vom Blatt sangen. Ganz ohne Verkleidung und viel Tamtam. Im Scheinwerferlicht am Bühnenrand: Schauspieler Gedeon Burkhard als Erzähler des Abends.
Das Musical, das Siegel gemeinsam mit dem Wiesbadener Autor Hans Dieter Schreeb in den vergangenen anderthalb Jahren erarbeitet hat, handelt zum einen von der letzten Fahrt der „Hindenburg“, die am 6. Mai 1937 in Lakehurst bei New York in Flammen aufging. 36 Menschen wurden getötet. Zum anderen geht es um das Leben des Grafen Ferdinand von Zeppelin, der die Luftschiffe in den Jahrzehnten davor marktreif gemacht hatte und Namensgeber wurde. Er starb bereits 1917.
Ganz schön schwere Kost für einen Musical-Abend, könnte man meinen. Ralph Siegel erklärt es so: „Zeppelin war kein einfacher Mann. Aber er hat etwas hinterlassen, was Geschichte geschrieben hat, leider auch traurige Geschichte. Und das ist im Leben so.“
Mit dieser Konstellation schickt Siegel die Zuschauer auf eine Zeitreise mit immer wieder wechselnder Richtung, was angesichts der fehlenden Bühnenshow schonmal dazu führt, dass man sich trotz des Erzählers erst einmal in einer neuen Szene zurechtfinden muss. Im Wintergarten helfen Einspieler beim Sprung durch die Zeit. Auch sie zeigen deutlich den historischen Kontext des Jahres 1937. Die Zeit des Nationalsozialismus ist in den Dialogen im Speisesaal oder beim Tanz im Salon allgegenwärtig.
Dann steuert alles unweigerlich auf die Katastrophe zu, die der Luftschifffahrt ein jähes Ende bereiten sollte. Dass den Machern die Mischung trotzdem gelungen ist, findet etwa Sängerin und Moderatorin Dagmar Frederic: Ralph Siegel verstehe es, „heitere Musik zu machen für ernste Themen“, sagte sie in der Pause und fügte hinzu: „Ich habe Gänsehaut.“
Nach der mehr als zweieinhalbstündigen Vorstellung war Siegel dann voll des Lobes für die Darsteller: „Die Künstler haben das wunderbar gesungen.“ Wie es nun weitergeht, ist indes offen: Gemessen am Applaus gefiel dem Berliner Publikum das Stück sehr gut. „Bravo“-Rufe waren im Wintergarten zu hören, den Siegel angesichts der Hitze kurzerhand in Sommergarten umtaufte. Das Publikum spendete minutenlang Applaus und erhob sich größtenteils von den Plätzen.
Das Rühren der Werbetrommel dürfte also weitergehen. Siegel hofft auf Interesse von Produzentenseite. Mögliche Spielorte fallen ihm natürlich auch schnell ein: vielleicht am Bodensee, in Berlin oder Open Air in Amsterdam. „Der Traum Broadway ist immer in meinem Herzen, aber ich würde mich freuen, wenn auch in Deutschland erstmal veröffentlicht wird. Denn es ist deutsche Geschichte.“