Ruhr.2010-Flohmarkt: Kultur im Schlussverkauf
Essen (dpa) - Eröffnungsfeier, Still-Leben auf der A 40, „Day of Song“, Abschlussfeier: Matthias Philipp war überall dabei. Als einer von mehr als 1200 freiwilligen Helfern hat der 30-jährige Gelsenkirchener das Kulturhauptstadtjahr im Ruhrgebiet begleitet.
Für ihn selbstverständlich, dass er auch beim Schlussverkauf wieder dabei ist. Drei Tage lang werden auf einem Flohmarkt in einer Halle der Essener Zeche Zollverein die Überbleibsel des turbulenten Jahres verkauft. „Eine Umhängetasche habe ich schon ergattert“, sagt Philipp, der in seiner blauen Volunteer-Jacke mitten im Gedränge steht. „Das ist eine schöne Sache, um die Erinnerung komplett zu machen.“
Um Philipp herum wuseln hunderte von Menschen, schieben sich durch die Gänge und wühlen in Kartons. Kabelrollen für 30 Euro, Biertische mit Bänken von der Autobahn 40 für 50 Euro, Kleidungsstücke für fünf Euro, Plakate, Broschüren und Pins gratis. „Dass hier so viel los ist - damit habe ich nicht gerechnet. Ich gehe fest davon aus, dass der Großteil der Sachen nach dem ersten Tag weg sein wird“, sagt Philipp. „Schade - eigentlich wollte ich morgen nochmal wiederkommen, und noch ein paar Tassen und Trinkbecher für Freunde besorgen. Heute bin ich ja eigentlich zum Arbeiten hier.“
Allein am Freitag sind schon mehr als 1000 Menschen zum Kulturhauptstadt-Schnäppchenjagen nach Essen gekommen. Vor der Halle haben sich lange Schlangen gebildet und immer mehr Menschen strömen nach. Die Sonne strahlt, aber die Temperaturen sind frostig. Viele Menschen singen gemeinsam, um sich warmzuhalten. Die, die aus der Halle wieder herauskommen, haben vollgepackte Tüten in den Händen. „Fußmatten, Müllbeutel, Plakate“, zählt eine Frau auf. „Für uns hat es sich gelohnt.“ Ein bisschen günstiger hätte es allerdings noch sein können, wirft ihr Ehemann ein. „So richtige Schnäppchen waren das nicht.“ Neben ihm läuft ein Mann mit einem großen Ortsschild unter dem Arm: Sprockhövel. „Ich hab da mal gewohnt und gerade noch eines der letzten ergattert“, sagt er strahlend.
„Schon im Vorfeld haben viele Bürger uns angerufen und nach Details gefragt, deswegen habe ich mir schon gedacht, dass einiges los sein wird“, sagt Ruhr.2010-Pressesprecher Clemens Baier. „Aber gleich so viel?“ Sogar zusätzliche Kassen haben seine Mitarbeiter aufgebaut. Die Idee mit dem Flohmarkt stamme von seiner Kollegin aus dem Marketing, die schon im Team der Kulturhauptstadt Linz 2009 gearbeitet hat. Auch in Linz gab es einen solchen Flohmarkt - mit großem Erfolg. „Es ist doch niemandem damit geholfen, wenn das alles jahrelang aufbewahrt wird. Wir sind froh, wenn's weg ist“, sagt Baier. Das eingenommene Geld kommt in den Ruhr.2010-Etat.
Günstigstes Andenken sind die Regenponchos von der Eröffnungsfeier für 50 Cent. Wer einen fast neuen Laptop haben will, muss 400 Euro ausgeben. „Das kurioseste Überbleibsel ist sicher ein Lebkuchen, den uns der Bundesverband Mittelständische Wirtschaft geschenkt hat - mit dem Konterfei von Fritz Pleitgen.“