Schauen in Paris: Goldkonfetti für „Miss Gaultier“
Paris (dpa) - Jubel, eine in Ohnmacht fallende „Miss“ und Konfetti gab es für Jean Paul Gaultier bei seiner letzten Prêt-a-Porter-Schau in Paris. Der Modemacher zeigte ein Potpourri seines Könnens und verfeinerte es mit einer reichlichen Portion Humor.
Zum Schluss kam noch mal ein Knaller. Jean Paul Gaultier, genialer Designerclown der Modewelt, inszenierte die letzte Prêt-à-Porter-Schau seiner rund 30 Jahre dauernden Karriere am Samstagabend (27.9.) in Paris als Miss-Wahl. Kurz vor Beginn der laufenden Schauen für Frühjahr/Sommer 2015 hatte der 62jährige bekanntgegeben, dass er sich künftig auf die maßgeschneiderte Haute Couture und das Geschäft mit Parfüms konzentrieren wolle.
Gaultiers Schauen luden ein in das historische Kino „Le Grand Rex“. Das Publikum erschien wie ein Who's Who der Modewelt mit den Designerkollegen Alber Elbaz, Gareth Pugh, Rick Owens und Jeremy Scott. Daneben saßen Altstars wie Amanda Lear und Catherine Deneuve. Und dann ging es los: Die Schauspielerin Rossy de Palma trat als tantig gekleidete Komitee-Vorsitzende zur Wahl der Miss Jean-Paul Gaultier 2014 auf, um sich dann bis auf ein Korsett auszuziehen.
Die Models erschienen in Gruppen - als „Miss Fußballerfrau“ mit Glitzerjeans und knappem Top etwa oder als Miss Smoking mit Mischformen aus Cocktailkleid und Damenanzug. Gaultier hatte viel Gelegenheit, sein Können zu zeigen: Nadelstreifen-Look und goldfarbener Trench, sexy Sportswear und feine Stickerei. Das Publikum johlte am lautesten bei der Sektion „Miss Rédactrice de Mode“, als verjüngte Klone bekannter Chefredakteurinnen auf dem Laufsteg erschienen.
Den Preis trug am Ende das Model Coco Rocha davon im pfirsichfarbenen Kleid - einer Variante von Gaultiers „Raketenbusen“-Bustier, das er einst für Madonna entworfen hatte. Rocha fingierte eine Ohnmacht, Goldkonfetti ergoss sich über Models und Modemacher, und der Vorhang fiel. Mit seinem unschlagbaren Sinn für Humor wird Gaultier der Prêt-à-Porter-Woche fehlen. Seine Präsentationen boten ein Gegengewicht zur hohepriesterlichen Anmutung vieler Schauen.
Angesagte Designer, die bei einer Marke neu anfangen, werden oft erwartet wie Verkünder einer Offenbarung. Zum Glück blieb der gehypte Londoner Designer Jonathan (J.W.) Anderson in seiner ersten Saison für das spanische Luxushaus Loewe auf dem Boden. Er schickte keine Sensation, sondern eine tragbare Kollektion über den Laufsteg.
Es gab halbtransparente, goldig schimmernde Tops aus geknüpfter Baumwolle oder gestrickter Seide, weiche weite Hosen mit hohem Bund in Leder in leuchtenden Farben und goldig schimmernde Lederkleider mit organisch wirkenden Patchwork-Elementen.
Der junge Modemacher Maxime Simoëns galt in den vergangenen Saisons als heißer Geheimtipp. Inzwischen hat sich die Aufregung gelegt. Er zeigte am Sonntag überwiegend schenkelkurze Etuikleider, die durch ihre schönen Farbkombinationen punkteten. Magenta, Indigoblau, Lila oder Orange zu Weiß gab es in aquarellartigen Farbverläufen oder als feine Mosaikstickerei. Das Motto war auf einem bauchfreien Top zu lesen: „Colourful is the new black!“
Das Besondere ist oft abseits der Wege zu finden: Herausragende Entwürfe präsentierte das deutsche Modeduo Odeeh in einer Präsentation außerhalb des Schauenkalenders. Ausgehend von Tuschezeichnungen entwickelten Otto Drögsler und Jörg Ehrlich 30 weiße Oberteile und passende Röcke. Die Installation glich einer Etüde: Raffinierte Blusen aus Herrenhemden gefertigt oder mit Lochstrukturen, Röcke aus Sweatshirt-Stoff, Neopren oder glatter Baumwolle mit schönen Drucken - lauter starke Stücke.