350 Jahre Spargelanbau Schwetzingen feiert sein „weißes Gold“
Schwetzingen (dpa) - Spargel verleiht der kleinen Stadt Schwetzingen bei Heidelberg kulinarischen Stellenwert: Seit 350 Jahren wird das Gemüse in der badischen Stadt angebaut - damit gilt Schwetzingen einigen als das älteste Spargelanbaugebiet Deutschlands.
Das Jubiläum begeht die Kommune mit Ausstellungen sowie einer großen Feier mit „Spargelkönigin“ Janine I. und dem offiziellen Anstich mit Agrarminister Peter Hauk (CDU) am Samstag (21. April).
„Wir sind zwar die ältesten - aber die ersten waren wir nicht“, räumt Oberbürgermeister René Pöltl ein. In Stuttgart hätten Bauern bereits einige Jahre zuvor mit dem Spargelanbau begonnen. „Doch das ist Geschichte“, sagt der parteilose Politiker. Heute ist das „weiße Gold“ aus der Kurpfalz in aller Munde: 2009 lieferte Händler Armin Rohr 150 Kilogramm Spargel für den Nato-Gipfel in Baden-Baden. Die Sorte „Schwetzinger Meisterschuss“ (Klasse I Premium) soll besonders dem damaligen US-Präsidenten Barack Obama gut geschmeckt haben. So erzählt man es sich zumindest in Schwetzingen.
Auf Befehl von Kurfürst Carl Ludwig von der Pfalz war Spargel 1668 erstmals im Schlossgarten von Schwetzingen angebaut worden. Das Gemüse war zunächst nur der kurfürstlichen Tafel vorbehalten. Doch nachdem Kurfürst Carl Theodor 1778 seine Residenz nach München verlegte, geriet der Anbau nahezu in Vergessenheit. Erst der Gartendirektor Johann Michael Zeyher ließ die Tradition 1820 wieder aufleben und pflanzte erneut Spargel im Garten des Schlosses. Um 1850 fand das Gemüse dann Einzug in die örtliche Landwirtschaft.
Der Durchbruch kam mit Max Bassermann. Der Unternehmer legte von 1871 an in Schwetzingen erste Großkulturen an und verarbeitete den Spargel in seiner Konservenfabrik. Damit war das Gemüse ganzjährig für die breite Bevölkerung verfügbar. Zur besseren Vermarktung wurde 1894 ein Spargelmarkt unter den Kastanien auf dem Schlossplatz eingeführt, der noch heute stattfindet. Seit 1990 erinnert eine Bronzeskulptur des Künstlers Franz-Werner Müller-Steinfurth aus Speyer daran: Sie zeigt, wie eine Spargelbäuerin einem kleinen Mädchen ihre Ware feilbietet.
Dem Hofgärtner Gustav Adolph Unselt gelang dann von 1910 an die Züchtung ertragreicher Spargelsorten, die den Ruhm Schwetzingens als Spargelstadt begründeten. Das erste Spargelfest von 1904 ist Ausdruck dieser Identität, die bis heute in Schwetzingen lebendig ist.
Kein Gemüse ist wie das andere - aber Spargel sei noch einmal etwas Besonderes, sagen Kenner. Spargel sei „exklusiv“. Tatsächlich macht sich die weiße Stange rar. Sie braucht lange im Wachstum, gedeiht nur auf ausgewählten Flächen und kann nur kurze Zeit geerntet werden. Das sogenannte Stechen ist mühsam. Doch wie früh der erste Spargel auch auf den Tisch kommt: Schluss ist am Johannitag am 24. Juni - oder kurz danach. Dann sind die Pflanzen erschöpft und brauchen Zeit auf dem Feld, um Kraft zu sammeln für die nächste Spargelsaison.
An einem sonnigen April-Tag sind vor den Restaurants am Schwetzinger Schloss fast alle Stühle besetzt. Aus der ganzen Region kommen Spargel-Fans, um die ersten Stangen der neuen Saison zu kosten. Kiloweise kommt das Gemüse aus der Küche - mit Beilage oder auch nur klassisch mit heller, aufgeschlagener Buttersoße, Sauce hollandaise. Fachmännisch kosten die Gäste die Ernte. Faserig? Holzig? Oder etwa wässerig? Spargel besteht zu 95 Prozent aus Wasser - die restlichen 5 Prozent sind es, die aus dem Gemüse eine Delikatesse machen.
Zum Jubiläum wünscht sich Oberbürgermeister Pöltl eine „luftige und leichte statt verkrampfte und muffige Feier“. Rund 60 000 Euro hat der Gemeinderat für das Jubiläumsjahr bewilligt. Am sogenannten Spargelsamstag (5. Mai) will der Künstler Yosef Bakir auf dem Schlossplatz eine 2,50 Meter hohe Spargelskulptur aus Sand schaffen.
Die Figur wird nur kurz stehen - von längerer Dauer ist dagegen ein Eintrag im Goldenen Buch, auf den Schwetzingen stolz ist. „Danke für die große Ehre, in der Stadt mit dem besten Spargel der Welt Gast sein zu dürfen“, steht dort - unterschrieben von Sternekoch Johann Lafer.