Seine Müll-Kunst mahnt die Welt
Der Kölner HA Schult macht auf die Verschmutzung der Erde aufmerksam. Am Dienstag wird er 75.
Köln. Wer an HA Schult denkt, dem fallen neben dessen Flügelauto in Köln die lebensgroßen Müllmenschen ein. Seit inzwischen 18 Jahren sind die 1000 sogenannten Trash People aus Blechdosen auf Welttournee. Die bunte Truppe posierte in Moskau, auf der Chinesischen Mauer, vor den Gizeh-Pyramiden, in der Arktis, in Rom, Paris, am Matterhorn. Gerade sind die Skulpturen aus Tel Aviv zurück. In Tibets Hauptstadt Lhasa sollen sie zu ihrem 20. Geburtstag Station machen. Vorher aber ist ihr Schöpfer dran: Am Dienstag wird HA Schult 75 Jahre alt.
„Meine Kunst ist politisch. Umweltbezogene Kunst ist zutiefst politische Kunst“, sagt er, die Beine zum Schneidersitz verknotet auf einem Barhocker in seinem Kölner Loft. Die Halle ist sein Museum — zugleich wohnt er dort. Dem Müll als Schattenseite von übermäßigem Konsum und wachsender Bedrohung weltweit widmen sich viele seiner Arbeiten.
Allen voran die Trash People, die schon mehrere Millionen Menschen gesehen haben. „Sie sind mittlerweile die berühmtesten Deutschen“, glaubt HA Schult gänzlich unbescheiden. In China finde sich deren Präsentation in Peking sogar in Schulbüchern wieder. „In China bin ich der bekannteste lebende deutsche Künstler.“ Die Trash People sieht er als Mahner gegen Umweltverschmutzung, das Vermüllen unserer Welt.
Um seine Aktionen finanzieren zu können, verkauft HA Schult einen Teil der weitgereisten Figuren — neue rücken nach. „Ich habe meine Müllmenschen bei Staatsoberhäuptern, Vorstandschefs, in Restaurants, Arztpraxen oder Friseurläden stehen. Jeder einzelne ist ein Hinweisgeber auf den Zustand unserer Umwelt. Überall wird zuerst mal über die Umwelt gesprochen. Das ist der Sinn der Kunst.“ Der Mann mit der widerspenstigen Haarmähne hat Humor, kann auch über sich selbst spotten. Er nennt sich schon mal einen „alten Kerl“ oder einen „Irren“. Bei seiner Kunst aber ist er bestimmt. Kritikern antwortet er: „Ich bin mehr als anerkannt.“ Seine Werke seien in praktisch allen Ländern der Welt gezeigt worden. „Ich bin in 120 Museen vertreten.“ Und: „Es ist allgemein bekannt, dass ich das Thema Umwelt schon in den 60er Jahren in die Umlaufbahn gebracht habe, zu einer Zeit, als das Wort noch ein Fremdwort war.“ Am Stadtmuseum Siegburg hat HA Schult gerade Bilder von Angela Merkel, Michail Gorbatschow und John Lennon aufgehängt — insgesamt 33 großflächige verfremdete Porträts. Die Kanzlerin schätzt er: „Die hat Rückgrat und ist in jeder Hinsicht unbestechlich.“
Seit 2013 ist der Künstler als Gastprofessor an der Tongji Universität in Schanghai tätig, baut dort auch einen Lehrstuhl für „Moral der Ökologie“ auf. Demnächst will HA Schult mit dem Auto über Paris, Warschau, Moskau bis Peking fahren, aus zwölf Quellen von der Seine über die Moskwa Wasser entnehmen, das später Teil einer Ausstellung werden soll.