Kniffliger Fall vor Gericht Seniorin zerschneidet 18.500 Euro: Müssen die Scheine ersetzt werden?
Der Fall mutet kurios an: Aus Angst vor Einbrechern zerreißt eine alte Frau Geld im Wert von 18.500 Euro und versteckt die Schnipsel im Eisfach. Ihre Enkelin möchte die Banknoten bei der Bundesbank ersetzen lassen. Die weigert sich. Ein Gericht muss entscheiden.
Kassel. (dpa) - Eine alte Frau aus Bayern hat Sorge, Einbrecher könnten ihr Geld stehlen. Daher zerreißt sie es. Insgesamt 18.500 Euro. Muss die Bundesbank die Scheine ersetzen? Darüber hat der hessische Verwaltungsgerichtshof verhandelt. Doch dieser Fall ist nur einer von vielen in einer kuriosen Serie.
Auf den ersten Blick scheint die Sache klar: Die Bundesbank muss sich an eine Vorgabe der Europäischen Zentralbank (EZB) halten, wonach Geld bei vorsätzlicher Zerstörung nicht ersetzt wird. Doch der Richter deutete an, dass die mittlerweile 89 Jahre alte Frau aus dem bayerischen Waldkraiburg im Zustand der Unzurechnungsfähigkeit gehandelt haben könnte.
Auch der Anwalt der Frau sagt: „Sie ist stark verwirrt und dement und immer schwerer ansprechbar.“ Dies belege auch ein Gutachten, das allerdings erst nach Bekanntwerden des Vorfalls Anfang 2014 erstellt worden war. „Wenn jemand sagt, ich will mein Geld vor Einbrechern schützen und es zerreißt, ist das außergewöhnlich“, stellt der Richter fest.
Die Vertreter der Bundesbank erklärten, es gebe kein finanzielles Interesse der Bundesbank. Ihnen gehe es darum, Sicherheit zu erhalten, wie künftig mit solchen Fällen umgegangen werden solle. „Das ist für alle Zentralbanken in Europa von Interesse, die den EZB-Beschluss umsetzen“, sagte ein Bundesbank-Jurist. Denn ähnlich seien Fälle, bei denen Geld in betrunkenem Zustand zerstört werde.
Um kaputte Geldscheine von der Bundesbank erstattet zu bekommen, sind bestimmte Voraussetzungen nötig. Zunächst einmal müssten mehr als 50 Prozent der Banknote noch vorhanden sein, sagt Rainer Elm vom Analysezentrum der Bundesbank in Mainz. „Kleinere Teile ersetzen wir in der Regel nicht.“ Zudem wird das Geld nicht gegen neue Scheine getauscht, wenn es aus einer Straftat, also etwa aus einem Diebstahl stammt und dabei beschädigt wurde, zum Beispiel mit spezieller Farbe, die Banken einsetzen. Der Bestohlene bekommt dagegen natürlich beschädigtes Geld ersetzt. Die Bundesbank hat 2015 rund 30.000 Anträge zur Erstattung von beschädigtem Geld bekommen. 2015 wurden laut Elm rund 44 Millionen Euro erstattet. „Die Erstattungsquote lag bei über 90 Prozent“, sagt Elm.
Fälle von aufgefundenen Geldschnipseln sorgen immer wieder für Aufsehen. Erst im Sommer 2015 wurden in Darmstadt 23 Stellen bekannt, an denen Teile von 500-, 100- und 50-Euroscheinen entdeckt wurden. In mindestens einem Fall lagen die Schnipsel mitten auf der Straße. Insgesamt handelte es sich um fast 20 000 Euro. Auch Monate danach hat die Polizei noch keine Erklärung, woher das Geld stammen könnte, wie ein Sprecher am Mittwoch sagte. Hinweise auf eine Straftat gebe es nicht.
Schlagzeilen machte Ende 2015 auch eine ältere Frau hat in einem Seniorenheim südlich von Wien. Nachdem die 85-Jährige gestorben war, fand die Polizei in ihrem Zimmer einen Haufen säuberlich zerschnittener Geldscheine - insgesamt 950.000 Euro. Glück für die Erben: Die Österreichische Nationalbank ersetzte in diesem speziellen Fall das Geld.
Im aktuellen Fall soll eine Entscheidung in den kommenden Wochen veröffentlicht werden.(dpa)