Sexpertin „Sexpertin“ Erika Berger gestorben

Köln (dpa) - Wenn man von irgendeiner Frau gedacht hätte, dass sie 90 Jahre oder älter werden würde, dann war das die „Sexpertin“ Erika Berger.

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Sie sah immer mindestens zehn Jahre jünger aus und bewegte sich dank regelmäßigen Sporttrainings flinker als so manche Frau in mittleren Jahren. Ihr Tod mit 76 kam für alle, die sie kannten, völlig überraschend.

„Je älter man wird, desto klarer wird auch, dass das Leben endlich ist“, sagte sie vor zwei Jahren in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur. „Deshalb sollte man sich jetzt vorrangig mit Dingen beschäftigen, die Spaß machen.“ Sie selbst hat sich daran bis zuletzt gehalten und das Leben in vollen Zügen genossen.

Weil sich Erika Berger so gut gehalten hatte, konnte man sie auf der Straße leicht wiedererkennen. Hundertprozentig sicher waren sich die Leute aber immer erst, wenn sie ihre Stimme mit der typisch bayerischen Färbung gehört hatten. „Hallo, hier ist Erika Berger, wer spricht?“ Das hatte man auch Jahrzehnte später noch im Ohr. Es war ein Kultsatz, der zahllose Male parodiert wurde. Ihr zweites Markenzeichen waren die gekonnt übereinandergeschlagenen Beine.

Auch an ihr Sofa erinnern sich noch viele, obwohl es mittlerweile ein Vierteljahrhundert her ist, seit sie in der RTL-Live-Sendung „Eine Chance für die Liebe“ am roten Telefon Zuschauerfragen beantwortete. 1987 startete die Sendung und war ein Riesenaufregerthema, einmal wurde sogar wegen Aufforderung zum Exhibitionismus gegen sie ermittelt. Sie selbst sagte rückblickend: „Es war Aufklärungsarbeit, weil die Leute wirklich nicht wussten, was Sache war.“ Das Internet gab es noch nicht, nur die „Bravo“, die Stadtbücherei und die beste Freundin.

Psychologen warfen Berger damals vor, sich ohne entsprechende Ausbildung zur Sextherapeutin hochzustilisieren. Sie hat sich gegen diese Kritik immer mit dem Hinweis verteidigt, dass sie nie behauptet habe, eine Expertin zu sein. „Ich bin immer Journalistin gewesen.“

Wenn sie mal etwas nicht wusste, rief sie Oswalt Kolle an, den „Aufklärer der Nation“. Der war zwar auch nur Journalist, kannte aber die Grundlagenforschung. Sie selbst war „nicht so ein großer Studienleser“, sondern löste die Probleme ihrer Zuschauer „eher aus dem Herzen heraus“. Ihre Hauptbotschaft lautete dabei immer: „Sprecht doch mal miteinander!“ Mit diesem Appell zu mehr Offenheit in der Partnerschaft war sie ihrer Zeit durchaus voraus.

Privat hatte Erika Berger ihre große Liebe längst gefunden: Es war der Journalist Richard Mahkorn (1944-2007), den sie nach einer gescheiterten ersten Ehe kennengelernt hatte. Über ihn fand sie in den Journalismus, schrieb für Illustrierte und „Bild“ und wurde dann von dem jungen Privatsender RTL angeheuert.

Auch dank ihrer erfolgreichen Bücher war sie für viele Deutsche eine Autorität in Sachen Sex. Regelmäßig wurde sie privat von wildfremden Menschen angesprochen und um Rat gebeten, zum Beispiel beim Einkaufen auf dem Markt. Bei diesen Gesprächen stellte sie fest, dass sich die Probleme im Grunde nicht änderten: „Er hat mich angelogen - warum macht er das? Er ist nicht zärtlich zu mir - wieso küsst er mich nicht?“

Ein Schicksalsschlag war für sie der plötzliche Herztod ihres Mannes vor neun Jahren. Um darüber hinwegzukommen, stürzte sie sich mehr denn je in die Arbeit. Die letzten Jahre arbeitete sie aber nicht mehr, sondern wollte nur noch genießen. Obwohl ihre beiden Kinder und die Enkel in München wohnten, blieb sie in Köln. Sie wohnte über einem Pub in der Innenstadt, in der unmittelbaren Umgebung kannte sie fast jeden.

Und ihr eigener Sex? Sie lachte ihr herzhaftes Erika-Berger-Lachen, wenn man sie danach fragte. Und erwiderte dann: „Oswalt Kolle hat mir mal einen sehr guten Satz gesagt: 'Erika, du musst wissen, wer in der Jugend viel geübt hat, der kann's auch noch im Alter!'“