Sexualstraftäter in Heinsberg auf freiem Fuß: „Man fühlt sich so hilflos“

Der Sexualstraftäter Karl D. darf auf freiem Fuß bleiben – obwohl er weiterhin eine Therapie verweigert.

Randerath. Sonnenschein und blauer Himmel passen so gar nicht zu der düsteren Stimmung, die sich an diesem Donnerstagnachmittag im 1.500-Seelen-Örtchen Randerath im Kreis Heinsberg immer schneller ausbreitet.

Am Telefon, aber auch im Gespräch auf der Straße oder in Gaststätten wie "Neunfinger", "Schwan" oder "Zur Post" gibt es kaum ein anderes Gesprächsthema als jenen Beschluss, den das Oberlandesgericht im fernen München am Morgen traf, der aber unmittelbare Auswirkungen auf das rheinische Randerath hat: Der dort bei seinem Bruder lebende Sexualstraftäter Karl D. (57) kommt nicht in nachträgliche Sicherungsverwahrung, entschieden die Richter und wiesen einen entsprechenden Antrag der Staatsanwaltschaft als unbegründet zurück.

Karl D., der Mann, der wegen dreifacher Vergewaltigung von Mädchen in Bayern insgesamt 17Jahre hinter Gittern gesessen hat und bis heute eine Therapie verweigert, darf weiterhin bei seinem Bruder in Randerath leben. "Irgendwie habe ich mit einem solchen Urteil gerechnet", sagt Landrat Stephan Pusch mit leichter Resignation in der Stimme.

"Das Gericht hat zwar die Gefährlichkeit dieses Mannes bestätigt, aber aus formalen Gründen eine Sicherungsverwahrung abgelehnt." Er müsse jetzt erstmal den Beschluss der Münchener Richter genau analysieren, um mögliche weitere juristische Maßnahmen abschätzen zu können, sagt Pusch.

Fest steht für ihn aber jetzt schon: "Es gibt für mich keinen Anlass, die bisherige Polizeitaktik zu ändern. Wir werden den Mann weiter rund um die Uhr observieren und den Schutz der Bevölkerung sicherstellen."

Doch das ist nach Ansicht Vieler in eben dieser Bevölkerung nicht genug. "Für diese Entscheidung des Gerichts habe ich absolut kein Verständnis", empört sich eine alteingesessene Randeratherin. "Man fühlt sich irgendwie hilflos und wütend", sagt die 69-Jährige, die ihren Namen nicht in der Zeitung genannt wissen möchte. "Ich habe Kinder, Enkel und Urenkel, die will ich beschützt haben und will nicht, dass sie so jemandem hilflos ausgeliefert sind."

Auch andere Randerather machen zwar mehr oder weniger bereitwillig ihrem Unmut Luft, wollen aber ihre Namen nicht nennen. "Weiß ich denn, ob der Kerl dann nicht meinem Mädchen auflauert, wenn der meinen Namen in der Zeitung liest?", fragt eine junge Mutter (37) aus dem Randerather Neubaugebiet Mittelbusch.

Hier in den schmucken Häusern leben viele junge Familien, fast alle mit Kindern, und fast alle mit Angst vor Karl D. "Schauen sie doch mal in die Wurmaue, da haben die Kinder früher immer wunderbar an der Wurm spielen können. Seit dieser Mensch hier ist, finden sie da kaum noch Kinder, selbst bei diesem schönen Wetter nicht. Und wenn, dann nur, wenn Erwachsene dabei sind", sagt eine andere Mutter.

Auch sie nimmt regelmäßig, wenn auch nicht täglich, an der abendlichen Mahnwache ab 18 Uhr vor dem grauen Haus an der Himmericher Straße, Ecke Buschstraße teil, in dem Karl D. wohnt. Doch zu der "Versammlung Schutz vor Sexualstraftätern", wie die polizeirechtliche Anmeldung lautet, kommt immer mindestens ein gutes Dutzend Randerather, dazu Menschen aus den umliegenden Orten.

Versammlungsleiter Thomas Brauckmann (46) aus dem benachbarten Kogenbroich geht es bei den täglichen Demonstrationen vor allem darum, "Aufmerksamkeit zu erregen, damit es nicht mehr passiert, dass so jemand frei ist durch eine Gesetzeslücke".