"Singen kann er immer noch"

Johannes Heesters wird am Sonntag 107. Er ist so gut wie blind, aber steht immer noch am liebsten auf der Bühne.

Starnberg. "Ich möchte 100 Jahre alt werden, das wäre was, dann gibt es das größte Fest auf Erden! Wenn es die Leute auch wundert, dass ich so närrisch noch bin, aber da möchte ich wirklich noch hin." Das sang der 1903 im holländischen Amersfoort geborene Schauspieler und Sänger Johannes Heesters schon vor Jahren in Vorfreude auf den hohen runden Geburtstag. Aber das war nur ein Vorspiel, denn am Sonntag wird "Jopie", die lebende Operettenlegende, unglaubliche 107 Jahre alt.

Gefeiert wird diesmal in Erfurt, zuerst im privaten Kreis und zwei Tage später mit einer Gala im Kaisersaal, wo es auch wieder einen Ehren-Bambi (den neunten Bambi insgesamt) für Heesters gibt. Dann schmettert der Grandseigneur der Operette wieder mit immer noch erstaunlich kräftiger Stimme seine Lieder wie "Ich knüpfte manche zarte Bande" oder "Man müsste Klavier spielen können".

Zwei Wünsche hat Heesters zum Geburtstag: "Ich will mindestens 108 Jahre alt werden" und noch "eine gute Rolle auf der Bühne spielen". Dafür trainiert er regelmäßig an Fitnessgeräten. Ein kleiner Genever-Schnaps darf auch mal sein, bisher gab es auch mal ein Zigarettchen. Mit dem Rauchen will er aber seiner Frau zuliebe aufhören, wie er der "Bunten" verriet.

"Er ist noch immer voller Lebensfreude, obwohl er nichts mehr sieht. Aber singen kann er immer noch", sagt seine Frau Simone Rethel-Heesters (61). "Jopie" spielt, solange er noch fit ist. "Ich glaube, das Schönste wäre für ihn, auf der Bühne zu sterben", meinte seine Tochter Wiesje Herold-Heesters. "Man kann ihn als absolute Ausnahmeerscheinung bezeichnen", zitiert der Wiener "Kurier" Heesters’ Arzt aus Starnberg. "Es gibt keine auffälligen Werte: Puls, Lunge, Herz - alles ist in Ordnung, er benötigt keine Medikamente."

Johannes Heesters blickt auf eine sagenhafte Karriere mit Höhen und Tiefen, mit viel Licht, aber auch Schatten zurück. In Berlin hatte 1935 seine Karriere auf den großen Bühnen der Metropole begonnen, dann auch in Wien. Bald darauf wurde er zum Leinwandstar.

Johan Marius Nicolaas Heesters, den alle nur "Jopie" nannten, wurde mit seinem Charme und dem "gewissen Etwas" in der Stimme und in den Augen zum umschwärmten Publikumsliebling. Sein kometenhafter Aufstieg im Nazi-Deutschland wirft bis heute aber auch einen Schatten auf sein Leben, vor allem in seiner holländischen Heimat, wo ihm lange verübelt wurde, Hitlers "Lieblings-Danilo" gewesen zu sein. Erst 2008 war ihm eine Art "späte Versöhnung" gegönnt mit einem Auftritt in seiner Heimatstadt Amersfoort. Aber der Auftritt wurde getrübt von einem verunglückten Interview mit einem holländischen TV-Sender, in dem sich Heesters missverständlich über Hitler äußerte.

In der NS-Zeit gab es auch den umstrittenen, nach seinen Erinnerungen befohlenen Besuch im KZ Dachau. "Ich hab mein Leben gelebt und hab mich stets bemüht, den Weg gerade zu gehen, auch durch den Sturm der Zeit", sang Heesters in einem seiner späten Lieder.

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