Start des Berliner Flughafens muss verschoben werden
Berlin/Schönefeld (dpa) - Der Start des neuen Hauptstadtflughafens muss kurz vor der Eröffnung wegen Brandschutzmängeln überraschend verschoben werden.
Das 2,5 Milliarden Euro teure Projekt kann nicht wie geplant am 3. Juni in Berlin in Betrieb gehen, der Start verzögert sich um mindestens zwei Monate bis August. Die bisherigen Flughäfen Tegel und Schönefeld bleiben nun länger als geplant offen. So sollen keine der im Sommer geplanten Flüge ausfallen.
Es ist schon die zweite Verschiebung, ursprünglich war der 30. Oktober 2011 als Eröffnungstermin vorgesehen. Nach der neuerlichen Terminabsage wurde Kritik an der Planung und den Verantwortlichen laut.
Der Grund für die Verschiebung liegt in der Steuerung der Brandschutztechnik, die noch nicht wie gewünscht funktioniert, wie der Chefplaner des neuen Airports, Manfred Körtgen, am Dienstag erklärte. Dazu gehört eine riesige Belüftungsanlage, die bei einem Feuer den Rauch schnell absaugen soll. Ohne technische Abnahme durch den TÜV kann der Flughafen den Betrieb nicht aufnehmen.
Noch unklar ist, wer wem möglicherweise Schadenersatz zahlen muss. Die Gesellschaft Air Berlin, die am neuen Flughafen ein Drehkreuz aufbauen will, rechnet durch den Aufschub mit erheblichen Mehrkosten. Gastronomen und Einzelhändler müssen auf Umsatz im neuen Terminal verzichten.
Die Deutsche Flugsicherung (DFS) zeigte sich überrascht und rechnete mit Auswirkungen auf Airlines in aller Welt: „Wir müssen alle betroffenen Fluggesellschaften weltweit darüber informieren, dass sie ihre Abläufe ändern müssen“, sagte DFS-Geschäftsführer Ralph Riedle der „Financial Times Deutschland“. Das sei für alle Beteiligten ein erheblicher Aufwand.
Die Lufthansa will ihren zum Sommer deutlich ausgeweiteten Flugplan ab Berlin auch so erfüllen. „Die geplanten zusätzlichen Flüge sollen in jedem Falle starten“, sagte ein Sprecher.
Der Flughafen Berlin Brandenburg Willy Brandt im brandenburgischen Schönefeld soll mit einer Kapazität von 27 Millionen Passagieren die Nummer drei in Deutschland hinter Frankfurt und München werden. Er ersetzt die bestehenden Flughäfen in Tegel und Schönefeld sowie den geschlossenen Flughafen Tempelhof. Bauherren sind der Bund und die Länder Berlin und Brandenburg. Die Länder rechnen durch den Flughafen mit 40 000 neuen Arbeitsplätzen in der Region.
Dass dem Thema Brandschutz zu wenig Beachtung geschenkt werde, zeige fast immer erst die Abnahme am Ende von Bauarbeiten, sagte der Geschäftsführer des Bundesverbands Technischer Brandschutz, Wolfram Krause, der Nachrichtenagentur dpa. „Dass sie zur Verhinderung des Betriebes führt, deutet darauf hin, dass in der Planung nicht alles optimal gelaufen ist.“
Der Berliner Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD), der auch Aufsichtsratschef der Flughafengesellschaft ist, erfuhr nach eigenen Worten erst am Montagabend von der „bitteren Erkenntnis“. Die Gesellschafter - Berlin, Brandenburg und der Bund - könnten sich über die Sicherheitsbedenken nicht hinwegsetzen: „Sicherheit hat Vorrang“. Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) nannte es „höchst bedauerlich, dass der Flughafen nicht pünktlich eröffnet“.
Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) sagte, er „verhehle nicht, dass ich stocksauer bin, so eine Überraschung darf nicht kurz vorher passieren.“ Er will nun bis kommenden Montag einen verbindlichen Eröffnungstermin genannt bekommen, sagte er den „Stuttgarter Nachrichten“ (Mittwoch).
Trotz der Pleite will Flughafenchef Rainer Schwarz weitermachen: „So intensiv, wie ich bisher für dieses Projekt gearbeitet habe, bin ich bereit, weiterzuarbeiten, und das wird auch so der Fall sein.“ Er könne sich „nur entschuldigen für die Situation“.
Die deutsche Luftfahrtbranche dringt darauf, dass die Probleme am Hauptstadtflughafen zügig behoben werden. Weder Passagiere noch die Fluggesellschaften sollten lange unter der Verzögerung leiden müssen, erklärte der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft, Klaus-Peter Siegloch.
Der Grünen-Verkehrsexperte im Bundestag, Anton Hofreiter, bezeichnete im „Handelsblatt“ das Projektmanagement der Flughafengesellschaft als „erstaunlich unprofessionell“.
Die Terminverschiebung ist für das Aktionsbündnis für ein lebenswertes Berlin-Brandenburg kein Anlass zum Jubeln. „Die Probleme werden dadurch nicht gelöst“, sagte Sprecher Matthias Schubert. Kritikpunkte seien weiterhin die Flugrouten und die Drehkreuzlage, über die den Bürgern kein reiner Wein eingeschenkt worden sei.
Mit Blick auf die Baufirmen sagte Wowereit: „Wir behalten uns Regressforderungen vor.“ Wenn es technische Probleme gebe, „muss es auch Ehrgeiz der Unternehmen sein, dass das läuft“. Zu den Kosten der Verschiebung sagte Wowereit, einige Maßnahmen zur Beschleunigung müssten nun nicht bezahlt werden. Andererseits gingen Millionenbeträge als Einnahmen verloren, die aus höheren Entgelten einkalkuliert worden seien.