Steht den britischen Royals ein Sex-Skandal ins Haus?

London (dpa) - „Not amused“ ist sprichwörtlich das vernichtendste Urteil, das der Queen über die Lippen kommt. Wenn aus dem Buckingham-Palast in London aber Worte wie „komplett unwahr“ und „entschieden abstreiten“ verbreitet werden, lässt das die Briten aufhorchen.

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Palastsprecher haben seit Freitag zweimal deutliche Worte gewählt, um den skandalerprobten Prinzen Andrew zu verteidigen. Der Vorwurf: Eine Frau in den USA sagt, sie sei als Minderjährige zwischen 1999 und 2002 zum Sex mit dem Prinzen gezwungen worden, in London, New York und auf einer privaten Insel in der Karibik.

Bemerkenswert ist schon, dass der Palast überhaupt reagiert hat, statt zu hoffen, dass der Sturm vorüberzieht. Ebenso bemerkenswert ist das Tempo. Nur der „Guardian“ hatte in Großbritannien am Freitag über die Gerichtsakten berichtet, die in Florida aufgetaucht waren und in denen der Name des 54-jährigen Andrew steht. Die Stellungnahme ist nun ein Beweis, dass Sprengkraft steckt in diesem Fall.

Dabei geht es in den USA eigentlich gar nicht um den Bruder von Prinz Charles, sondern darum, wie Staatsanwälte den Fall Jeffrey Epstein gehandhabt haben. Der US-Multimillionär war 2008 zu 18 Monaten Haft verurteilt worden, nachdem ihm mehr als 20 Mädchen Missbrauch vorgeworfen hatten. Angeblich soll er sie vielen Reichen, Mächtigen und Berühmten zugespielt haben - auch, um sie gegebenenfalls damit erpressen zu können.

Der Skandal aus britischer Sicht: Die Gefängnisstrafe hielt das drittgeborene Kind der Queen nicht davon ab, seine Freundschaft zu Epstein weiter zu pflegen. Um die Haftentlassung zu feiern, soll Andrew vier Tage lang bei Epstein in New York gewesen sein. Dann tauchten auch noch Bilder von 2001 auf, die den Prinzen mit dem Spitznamen „randy Andy“ („spitzer Andy“) mit einer 17 Jahre alten „Privatmasseuse“ Epsteins im Arm zeigten - die „Mail on Sunday“ berichtete am Sonntag, es sei diese Frau, die die Vorwürfe erhebe.

Dazu kamen andere dubiose Kontakte und Geschäfte des Prinzen. Seinen Job als Außenhandelsbeauftragter der britischen Regierung musste der inzwischen „Prinz Peinlich“ getaufte Königinnensohn nach langem Bohren der Presse aufgeben - und sich für die Freundschaft mit Epstein öffentlich entschuldigen.

Jetzt zahlt Andrew erneut einen hohen Preis für seine Treue zu dem zweifelhaften Kumpel. Missbrauch von Kindern und Jugendlichen ist in Großbritannien ein besonders heißes Eisen, seit in den vergangenen Monaten haarsträubende Skandale in verschiedenen Städten ans Licht kamen, wo Hunderte junge Mädchen mit Alkohol gefügig gemacht und zum Sex herumgereicht worden waren. Eine Kommission soll prüfen, inwiefern höchste politische Kreise und andere Eliten in sexuellen Missbrauch verstrickt waren. Schockiert hatten das Land auch die Enthüllungen um den ehemaligen BBC-Moderator Jimmy Savile, der Hunderte Opfer missbraucht hat, darunter ein zweijähriges Kind.

Beigesprungen ist dem Prinzen inzwischen ein prominenter US-Anwalt, Juraprofessor und politischer Kommentator. Alan Dershowitz wird von der Frau ebenfalls als Täter genannt, will juristisch gegen sie vorgehen und empfahl Andrew via BBC, sich „mit aller Kraft“ gegen die „erfundenen Geschichten“ zu wehren. Angeblich kam der Prinz am Sonntag für eine Krisensitzung aus dem Skiurlaub zurück. Ob erfunden oder nicht: Dass diese Geschichte jetzt samt schmieriger Details um die Welt geht, kann dem Image der Queen und ihre Familie nach Einschätzung von Experten gewaltigen Schaden zufügen.