Sterne-Rekord: Neuer „Michelin“ kürt 282 Restaurants
Karlsruhe/Berlin (dpa) - Glückliche Gesichter und Freudentränen: So viele Restaurants wie nie zuvor zeichnet der „Michelin“-Führer 2015 bundesweit mit einem Stern, zwei oder drei Sternen aus. Insgesamt sind es nun 282 Sterne-Häuser.
Ein neues Drei-Sterne-Lokal machten die Tester jedoch nicht aus.
Mit elf Restaurants in dieser höchsten Kategorie behauptet Deutschland aber seinen zweiten Platz hinter Frankreich als europäisches Land mit den meisten Adressen dieser Art. Die Metropolen Berlin, München und Hamburg bleiben damit weiter ohne Drei-Sterne-Restaurant.
Besonders freuen konnte sich Küchenchef Peter Hagen vom „Ammolite - The Lighthouse Restaurant“ im Europa-Park in Rust. Er erkochte sich nur ein Jahr nach dem ersten Stern bereits den zweiten. Das sei eine „große Überraschung“, sagte Hagen bei der „Guide Michelin Deutschland 2015“-Vorstellung am Donnerstag in Berlin. Thomas Mack, der Europa-Park-Geschäftsführer, sagte: „Ein Traum hat sich erfüllt.“ Man habe weltweit das einzige Sterne-Restaurant in einem Freizeitpark.
Insgesamt drei Restaurants - zwei in Baden-Württemberg und eines in Bayern - rücken neu in die Zwei-Sterne-Kategorie auf. Neben dem Restaurant in Rust können sich auch „Brenners Park-Restaurant“ in Baden-Baden (Koch: Paul Stradner) und das „EssZimmer“ in der BMW-Welt in München (Bobby Bräuer) von nun an mit zwei Sternen schmücken. Insgesamt gibt es nun 38 davon, auch dies ist Rekord.
Bemerkenswert ist dabei nach Worten des Chefredakteurs der „Michelin“-Deutschland-Ausgabe, Ralf Flinkenflügel, der Einfluss von Meisterkoch Harald Wohlfahrt. Der Küchenchef der „Schwarzwaldstube“ im Hotel Traube im badischen Baiersbronn verteidigte seinen dritten Stern, mit dem er nun schon zum 23. Mal und damit öfter als jeder andere deutsche Spitzenkoch ausgezeichnet wurde.
Außerdem kochen in sechs der neu mit einem Stern oder zwei Sternen gewürdigten Restaurants seine Schüler: darunter Stradner, der in Baden-Baden den zweiten Stern erkochte, sowie Peter Hagen im Europa-Park. Fünf der elf Drei-Sterne-Häuser werden ebenfalls von Wohlfahrt-Schülern geleitet, wie Flinkenflügel erklärte.
Mehr als 70 Sterne hätten seine Schüler bereits erkocht, sagte Wohlfahrt bei der „Michelin“-Vorstellung in Berlin. Er sei ein „besonnener und ruhiger“ Lehrmeister. Aber wenn die Schüler vom Weg abwichen, „kann ich die Hölle sein“. Doch laut werde er eigentlich nie. Und wenn er mal sauer sei, „geht es immer nur um die Sache“.
Bei den Ein-Sterne-Lokalen kommen 31 neue hinzu. Die Ergebnisse der Tester spiegelten die dynamische und kreative Entwicklung der deutschen Küche wider, sagte Flinkenflügel. „So langsam erfährt sie die Beachtung, die sie verdient.“ Deutschland entwickele sich zu einem kulinarischen Hotspot.
Neu in die Riege der Sternenküche aufgenommen wurde unter anderem das „Handicap“ in Künzelsau (Baden-Württemberg), das in der Küche wie auch im Service behinderte Menschen beschäftigt. „Man spürt, mit wie viel Freude die meist jungen Leute dort bei der Sache sind“, sagte Flinkenflügel. In dem Restaurant, das barrierefrei ist, finden etwa Menschen mit Down-Syndrom Arbeit und Anerkennung.
In der Rangliste der Bundesländer steht, wie auch im vergangenen Jahr, Baden-Württemberg mit weitem Abstand an der Spitze. Genau 77 Restaurants sind dort sterne-gekrönt. Bayern landet auf dem zweiten Platz mit 47, gefolgt von Nordrhein-Westfalen mit 44 Sterne-Lokalen.
Die ostdeutschen Bundesländer blieben kulinarisch gesehen ein „zartes Pflänzchen“, sagte Flinkenflügel. Lediglich in Sachsen („Elements“, Dresden) und in Mecklenburg-Vorpommern („Scheel's“, Stralsund) wurde jeweils ein Ein-Sterne-Lokal neu gekürt.
In Berlin kamen zwei dieser Häuser hinzu („A.Choice“ und „Frühsammers Restaurant“). Die Köchin Sonja Frühsammer freute sich so sehr über ihren ersten Stern, dass ihr die Tränen kamen. Ihr Handwerk hat Frühsammer zunächst in einer Kantine mit edlerem Gästecasino erlernt, bevor sie sich in Spitzenrestaurants weiterbildete. „Wir versuchen so zu kochen, wie man selbst gern essen würde“, sagte Frühsammer bei der Überreichung der Kochjacke mit einem „Michelin“-Stern in Berlin.
In insgesamt 24 Restaurants verlosch ein Stern - meist, weil sie geschlossen wurden, mit geändertem Konzept weitermachten oder der Küchenchef umzog. Aus Qualitätsgründen wurde unter anderem dem Lokal „niXe“ in Binz auf Rügen und dem Restaurant „Hohenhaus“ im hessischen Herleshausen der Stern aberkannt.
In der Kategorie Bib Gourmand, die gut zubereitetes und preiswertes Essen würdigt, landeten 474 Restaurants. Im Vorjahr waren es 452.
Am Donnerstag kürte auch der „Gault&Millau Wein-Guide Deutschland 2015“ den „Winzer des Jahres“. Er kommt von der Mosel und heißt Thomas Haag. Am Montag (10.11.) gibt der neben dem „Michelin“ wohl renommierteste Restaurantführer, „Gault&Millau“, seinen neuen „Koch des Jahres“ bekannt.