Stieftochter erstickt und einbetoniert: Angeklagter schweigt
Essen (dpa) - Vor sechs Monaten wurde in einem Essener Schrebergarten die einbetonierte Leiche der 23-jährigen Madeleine W. entdeckt. Seit heute beschäftigt der Mordfall das Schwurgericht in der Ruhrgebietsstadt.
Angeklagt sind Stiefvater (47) und Halbbruder (22) der jungen Mutter.
Zum Prozessauftakt haben beide geschwiegen. Dem Stiefvater wirft die Staatsanwaltschaft Mord und sexuellen Missbrauch vor, der Halbbruder ist wegen Beihilfe zum Mord und Freiheitsberaubung angeklagt.
Auslöser der Tat soll rasender Hass gewesen sein. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass Madeleine seit ihrem 14. Lebensjahr von ihrem Stiefvater sexuell missbraucht worden ist. Der Mann soll auch der Vater ihrer zweijährigen Tochter sein. Im August 2012 war Madeleine schließlich aus der elterlichen Wohnung in Essen geflohen und hatte ihren Stiefvater wegen sexuellen Missbrauchs angezeigt. Gleichzeitig verklagte sie ihn auf Unterhalt.
Laut Anklage wurde die junge Frau am 11. Februar 2014 von ihrem Stiefvater brutal geschlagen, dann erstickt und anschließend einbetoniert. Als ihre Leiche eine Woche später gefunden wurde, waren Arme und Beine mit braunem Lautsprecherkabel gefesselt. Ihr Mund war mit einem Geschirrtuch geknebelt. Außerdem hatte sie massive Kopfverletzungen, die laut Anklage sehr wahrscheinlich durch Hammerschläge verursacht wurden. Erstickt wurde die 23-Jährige offenbar mit einer Decke oder einem Kissen.
Der 47-jährige Österreicher soll zuvor alles versucht haben, um Madeleine zu finden. Laut Anklage gelang es ihrem Halbbruder schließlich, Kontakt zu der Frau aufzunehmen. In der Hoffnung auf finanzielle Unterstützung hatte sich Madeleine zu einem Treffen am Gelsenkirchener Hauptbahnhof bereiterklärt. Was sie nicht ahnte: Dort tauchte auch ihr Stiefvater auf. Er soll seinem Sohn bereits Tage vorher eine SMS geschrieben haben. Der angebliche Inhalt: „Am Dienstag haben wir sie.“
Der 22-Jährige will nach Angaben seines Verteidigers Hans Reinhardt jedoch nichts mit dem Mord zu tun haben. „Er steht fassungslos und mit absolutem Grauen vor der Tat“, sagte der Anwalt vor Prozessbeginn. „Als Madeleine getötet wurde, hatte er den Schrebergarten schon verlassen.“ Das hatte der 22-Jährige auch kurz nach seiner Festnahme erklärt. In einem im Prozess verlesenen Protokoll hieß es: „Am Garten hat mein Vater mir gesagt, ich soll jetzt gehen und die Mutti abholen.“