Neues Verfahren Strafprozess gegen Bill Cosby geplatzt
Norristown (dpa) - Der bisher einzige Strafprozess gegen den US-Entertainer Bill Cosby wegen sexueller Nötigung ist ergebnislos zu Ende gegangen. Die zwölfköpfige Jury konnte sich am Samstag nach mehrtägigen Beratungen nicht auf ein Urteil einigen.
Es ging um die Frage, ob Cosby die Amerikanerin Andrea Constand an einem Abend im Jahr 2004 sexuell missbrauchte. Die Staatsanwaltschaft kündigte umgehend an, den Fall erneut vor Gericht zu bringen.
Die fünf Frauen und sieben Männern der Jury hatten sich mehr als 50 Stunden über sechs Tage beraten. Sie hätten ein einstimmiges Urteil fällen müssen. Mehrfach ließen sie sich vom Gericht einzelne Zeugenaussagen nochmals vorlesen, bevor sie sich wieder für ihre Beratungen zurückzogen. Richter Steven O'Neill hatte die Gruppe zu einer Urteilsfindung aufgefordert.
Es ist nicht unüblich, dass Geschworene in Strafprozessen in den USA zunächst zu keinem einstimmigen Urteil kommen, sich dann aber doch noch einigen. In diesem Fall löste sich das Patt aber nicht auf, damit endete das Verfahren als ergebnisloser „mistrial“ (fehlerhaft geführter Prozess).
Staatsanwalt Kevin Steele stellte am Samstag einen neuen Prozess gegen Cosby in Aussicht. Er wolle dies „so schnell wie möglich“ in Gang setzen, sagte er zu Reportern. Bis dahin wird Cosby gegen Kaution auf freiem Fuß bleiben.
In dem knapp zwei Wochen dauernden Verfahren hatten Cosbys Verteidiger nur einen einzigen Zeugen aufgerufen - einen damals an den Ermittlungen beteiligten Polizisten - und den Prozess damit deutlich abgekürzt. Die Staatsanwaltschaft hatte dagegen über mehrere Tage zwölf Zeugen vernommen, die den Schauspieler in teils emotionalen Aussagen sexueller Übergriffe beschuldigten.
Neben Constand sagte auch eine Frau in einem ähnlich gelagerten Fall aus. Cosbys Verhältnis zu den mehr als 50 weiteren Frauen, die ihm Sexualdelikte vorwerfen, waren nicht Teil des Verfahrens. Weil diese Fälle verjährt sind, kann Cosby dafür nicht mehr strafrechtlich belangt werden.
Der 79 Jahre alte TV-Komiker und Schauspieler sagte selbst nicht aus, seine Angaben aus einem Zivilprozess von 2005 und 2006 wurden aber als Beweismittel zugelassen. Er erschien täglich und verfolgte die Vorgänge im Saal unter Leitung von Richter Steven O'Neill genau mit. Begleitet wurde er ins Gericht von Norristown, das in der Nähe von Philadelphia liegt, unter anderem von seiner Frau Camille und ehemaligen Kollegen.
Constand beschrieb in dem Prozess, wie der mehr als 30 Jahre ältere Schauspieler ihr in seinem Zuhause drei blaue Pillen gab. „Diese werden dir helfen, dich zu entspannen“, soll er Constand zufolge gesagt haben. „Sie sind deine Freunde.“ Kurz darauf habe sie zu lallen begonnen und Cosby doppelt gesehen. Ihre Beine hätten sich „wie Gummi“ angefühlt, ehe Cosby sie zur Couch führte. Sie sei erst wieder zu sich gekommen, als er dabei war, sich sexuell an ihr zu vergreifen. Cosby hatte ausgesagt, der Sex mit Constand sei einvernehmlich gewesen.
Cosby drohten im Falle eines Schuldspruchs mehrere Jahre Haft. Jeder der drei Anklagepunkte hätte mit einer Höchststrafe von zehn Jahren belegt werden können.
Der in Philadelphia geborene William Cosby erreichte mit der nach ihm benannten „Bill Cosby Show“ in den 80er und 90er Jahren Millionen Fans. Die durch Cosbys Gags gezeichnete Sitcom führte den Alltag der Afroamerikaner in die von Weißen beherrschte TV-Landschaft ein. Er wurde mit drei Emmys, acht Grammys und der US-Freiheitsmedaille ausgezeichnet.
Das Image des einst sehr beliebten Entertainers nahm durch die Vorwürfe schweren Schaden und erstickten seinen Versuch, die Karriere mit einer Comedy-Tour noch einmal aufleben zu lassen. Mit seiner Frau Camille hat Cosby vier Töchter, sein einziger Sohn wurde 1997 in Los Angeles bei einem Raubüberfall erschossen.