Qualitätsoffensive Streckenagent soll Bahnpendler vor Verspätungsfrust bewahren
Hannover (dpa/lni) - Die verspäteten Züge haben die Eisenbahner in der Transportleitung im Hauptbahnhof Hannover besonders im Blick, wenn sie auf ihren Bildschirmen den Verkehr im Norden beobachten. Jedes Gleis und jeder Zug leuchten am Monitor auf.
Die seit kurzem mit in der Zentrale sitzenden sogenannten Streckenagenten aber bedienen keine Signale oder Weichen. Vielmehr füttern sie die Smartphones Tausender von Reisenden mit Informationen über verzögerte oder ausgefallene Bahnen. Eine neue App soll den Wartefrust am Bahnsteig und bei Pendlern beenden, die die Information noch rechtzeitig Zuhause oder im Büro erreicht.
„Ein großes Ärgernis der Kunden war immer, dass sie sich im Störungsfall allein gelassen fühlen“, sagt der Leiter Marketing und Kundendialog bei DB Regio Nord, Arne Matthaei. „In unserem Bewusstsein war das zwar nicht ganz neu, es gab schon Bemühungen, die Informationspolitik zu verbessern.“ Nun, da fast alle Menschen ein Smartphone in der Tasche hätten, sei aber vieles einfacher.
Als Teil der bundesweiten Qualitätsoffensive will die Bahn nicht nur die Pünktlichkeit steigern, sondern auch so flott wie möglich informieren, wenn etwas nicht rund läuft. Denn die Bahn hat auch festgestellt: „Der Kunde ist anspruchsvoller geworden“, wie Bahnsprecherin Angelika Theidig sagt.
Wer die zu Jahresbeginn gestartete Streckenagent-App der Bahn installiert, kann sich einmalig oder langfristig über Verzögerungen und Probleme mit seinen Pendlerzügen oder sämtlichen Verbindungen auf seiner üblichen Strecke informieren lassen. „Wir geben auch schon zehn Minuten Verzögerung bekannt oder sobald zwei Züge betroffen sind“, sagt Matthaei.
Über den bloßen Fakt, dass der Zug verspätet oder schlimmstenfalls gar nicht fährt, ist eine präzise Information über Alternativen das Ziel der App. Wird ein Ersatzbus eingesetzt, wo genau fährt dieser ab, oder kann in der Großstadt etwa auch die Straßenbahn für die Fahrt Richtung Ziel genutzt werden. Auch erfährt der Pendler, wann nach einer Sperrung voraussichtlich wieder der nächste Zug fährt: „Statt auf einen langsamen Ersatzbus zu warten, ist es manchmal besser, den später kommenden nächsten Zug zu nutzen.“ Auch ein defekter Aufzug im Bahnhof Diepholz beispielsweise oder eine defekte Rollstuhlrampe in einem Zug wird vermeldet.
Unvollständig wird der Service aber solange bleiben, bis nicht auch verspätete Regionalzüge von Wettbewerbern der Bahn vermeldet werden. Bislang aber tauchen etwa Züge der Westfalenbahn, der Nordwestbahn oder der Metronom in der App nicht auf, obwohl sie inzwischen bereits rund 60 Prozent des Regionalverkehrs übernehmen. Geplant sei, die Wettbewerber gegen eine Kostenbeteiligung in den Service zu integrieren, sagte Matthaei. Allerdings werde bereits auf die Konkurrenten verwiesen, wenn diese bei einer Störung den schnellsten Anschluss anböten. „Wir sind Wettbewerber bei Ausschreibungen aber Partner im Betrieb.“
Die derzeit noch fehlenden Auskünfte über Abweichungen bei Regionalzügen von Wettbewerbern bemängelt der Fahrgastverband Pro Bahn. Die unmittelbare Information von Reisenden über den tatsächlichen Betriebsablauf und zustande kommende Anschlüsse wird allerdings begrüßt.
Das Ende der quälenden Ungewissheit für wartende Reisende will die Bahn mit der neuen App dadurch erreichen, dass die Zuständigen in der Transportleitung, im Herzen des Betriebs sitzen. Bleibt ein Zug liegen und werden dort Ersatzbusse oder Umleitungen organisiert, erfährt dies der Streckenagent in Echtzeit - und kann den letzten Stand der Dinge gleich per App an die Fahrgäste weiterleiten, auf Deutsch und Englisch gibt es die Infos. Auch persönliche Nachfragen sind über die App möglich - soweit es geht, versuchen die Bahner dann auch, individuelle Antworten bei Unklarheiten zu geben.