Strenge trifft auf Humor: Minimal Art im Rheinland

Leverkusen (dpa) - Kisten, Linien, Platten, Kuben - die Formensprache der amerikanischen Minimalismus-Künstler in den 60er Jahren muss für viele eine Zumutung gewesen sein.

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Keine höhere philosophische Idee mehr, nicht einmal eine persönliche Handschrift, stattdessen industriell vorgefertigte Materialien, Wiederholung und Serien.

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Als die Minimal Art Mitte der 60er Jahre ins Rheinland eindrang, war das für die Künstler eine neue Entdeckung: Amerikanische Strenge traf auf rheinischen Humor.

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Wie heute weltbekannte Künstler wie Joseph Beuys, Gerhard Richter, Sigmar Polke, Imi Knoebel, Rosemarie Trockel und viele andere mit der minimalistischen Kunst umgingen, zeigt die Ausstellung „Ruhe vor dem Sturm. Postminimalistische Kunst aus dem Rheinland“ (13. September bis 10. Januar 2016) im Museum Morsbroich in Leverkusen.

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Die Künstler kopierten die Minimal Art ihrer amerikanischen Kollegen wie Donald Judd, Dan Flavin oder Sol Lewitt nicht einfach, sondern versetzten ihr eine gute Portion Ironie und Humor. Polke machte sich über Carl Andre schon 1968 lustig, indem er für sein Bild „Carl Andre in Delft“ einen Stoff mit einem Druck der berühmten blauen Delfter Kacheln in einen Bilderrahmen zwängte. Beuys stellte drei Zinkplatten auf, und kaum einer sah, dass er sie mit Fett bestrichen hatte. Gerhard Richter malte sein Bild „Zwei Grau nebeneinander“ nach einer handelsüblichen Farbkarte für Malerbetriebe.

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Noch Jahre später ironisieren die Künstler den Hang der amerikanischen Minimalisten zu harten Materialien wie Stahl oder Holz. Rosemarie Trockel führt den Betrachter mit einer stabil aussehenden Kiste in die Irre, die in Wirklichkeit aus weichem Schaumstoff besteht. Isa Genzken baut Stelen aus Lochblech, Spiegeln und Holz und gibt ihnen Namen wie „Kai“ oder „Christine“. Die minimalistischen Kunstwerke hatten oft keine Titel.

Viele dieser humorvollen Interpretationen hat das Museum Morsbroich zum Teil aus dem Besitz und Nachlässen der Künstler sowie aus Privatsammlungen zusammengestellt. Oft handele es sich um das selten gezeigte Frühwerk der Künstler, sagt Direktor Markus Heinzelmann. Imi Knoebel etwa stellte sein an Kasimir Malewitsch erinnerndes weißes Quadrat von 1966 zur Verfügung.

Überhaupt waren die Künstler selbst stark beteiligt an der aufschlussreichen Schau. Reinhard Mucha etwa hängte als Referenz an den Neonröhren-Künstler Dan Flavin die Leuchtröhren eines Saales ab und legte sie auf den Boden.

„Das hat uns schon etwas Nerven gekostet“, sagt Kuratorin Stefanie Kreuzer. Sie räumt zugleich mit dem Klischee auf, die minimalistische Kunst sei beliebig. „Jedes Teil muss genau an eine bestimmte Stelle“, sagt sie. „Es sieht so einfach aus, ist aber voller Bezüge.“ So ist es auch bei Harald Klingelhöllers Skulpturen aus Packpapier-Bögen, die auf Metallgestänge geschichtet sind und sich scheinbar an die Wand anlehnen.

Zum 80. Geburtstag von Carl Andre, einem der Väter der amerikanischen Minimal Art, ist im Museumspark sein Werk „Solar Rust“ aus 300 liegenden Stahlplatten auf einer Fläche von 600 Quadratmetern ausgebreitet worden. Andre wird am 16. September 80 Jahre alt. Es war die Düsseldorfer Galerie Konrad Fischer, die zu ihrer Eröffnung 1967 seine Arbeiten erstmals in Deutschland zeigte. Das waren auch Stahlplatten. Sie lagen im Durchgang, und die Besucher marschierten darüber.