Suhrkamp Verlag droht Auflösung - Verhandlung in Frankfurt
Frankfurt/Main (dpa) - Drei Jahre nach dem Umzug von Frankfurt nach Berlin droht dem renommierten Suhrkamp Verlag die Auflösung. Die zerstrittenen Gesellschafter verlangten am Mittwoch vor dem Landgericht Frankfurt, sich gegenseitig auszuschließen.
Die von Suhrkamp-Chefin Ulla Unseld-Berkéwicz geführte Unseld-Familienstiftung hält 61 Prozent am Verlag. Hans Barlach ist über die Medienholding Winterthur mit 39 Prozent beteiligt.
Der Enkel des Bildhauers Ernst Barlach beantragte am Mittwoch die Auflösung der gesamten Gesellschaft, falls der Klage seiner Medienholding nicht stattgegeben werden sollte. Bei einer Auflösung würde das Vermögen des Verlags anteilsmäßig aufgeteilt. Die Kammer für Handelssachen des Landgerichts will am 13. Februar kommenden Jahres ihre Entscheidung verkünden.
„Einer der namhaftesten Teilnehmer am Literaturbetrieb der Nachkriegszeit droht zu verschwinden“, fasste der Vorsitzende Richter Norbert Höhne das Ergebnis der Verhandlung zusammen. „Beide Gesellschafter sehen sich offenbar wechselseitig als Inkarnation des Bösen.“
Suhrkamp-Chefin Unseld-Berkéwicz betonte in einer Stellungnahme, der Richter habe nicht erkennen lassen, wie er zu entscheiden gedenke. „Der Entscheidung des Gerichts sehen die Geschäftsführung des Verlags und die Familienstiftung ebenso zuversichtlich wie gelassen entgegen.“
Suhrkamp war Anfang 2010 nach Berlin gezogen. Auch dort liegen die Gesellschafter vor Gericht im Clinch.
Der Suhrkamp Verlag hatte über Jahrzehnte hinweg mit seiner regenbogenfarbigen Edition die gesellschaftliche Debatte der Bundesrepublik bestimmt. Nach dem Tod des Firmenpatriarchen Siegfried Unseld im Jahr 2002 brachen im Verlag Intrigen und Machtkämpfe aus. Witwe Ulla Unseld-Berkéwicz stieg 2003 an die Spitze der Geschäftsführung auf. Ein hochkarätiger Stiftungsrat um Hans Magnus Enzensberger und Jürgen Habermas trat aus Protest zurück, mehrere Geschäftsführer wurden verschlissen, wichtige Autoren kehrten Suhrkamp den Rücken.