Superheld verteilt Essenspakte an Bedürftige
Verkleidet verteilt ein Unbekannter im neuseeländischen Christchurch Essenspakete an Bedürftige.
Christchurch. Was er tagsüber macht, wo er arbeitet, wie er heißt — dazu sagt er nichts. Sicher ist nur: Nach Mitternacht zieht er in einem schwarz-roten Superheldenanzug mit Umhang durch die Straßen von Christchurch in Neuseeland und verteilt Lebensmittel an den Haustüren von Notleidenden.
Der Name des Unbekannten — „Flat Man“ — ist ein Wortspiel aus seiner ersten Mission, angelehnt an Marvels Comic-Helden Val Ventura alias „Flatman“. Der frühere Student lieferte Essen in Studenten-WGs und -Apartments aus. Die nächtlichen Streifzüge zu den Wohnungen (auf Englisch: Flat) startete er nach dem verheerenden Erdbeben vom 22. Februar 2011. Damals verloren 185 Menschen in der zweitgrößten Stadt Neuseelands ihr Leben.
Es sollte eine einmalige Aktion werden, um einige Freunde aufzumuntern: Junge Studenten, die nach dem Erdbeben den Verlust des Nachtlebens in Christchurch beklagten. „Ich habe niemals erwartet, dass sich daraus ein Superhelden-Einsatz entwickeln würde“, sagt der Neuseeländer in einem Telefoninterview. „Ich wollte nur ein bisschen Freude zurückbringen.“
Im ersten Jahr lieferte „Flat Man“ alle paar Wochen zwei oder drei Essenspakete an Studenten aus, immer zwischen Mitternacht und drei Uhr morgens. Jetzt ist sein Wirkungskreis größer: Er bringt seine Päckchen nun auch Familien oder Alleinerziehenden, die ihn über Facebook kontaktieren.
Auch Schulen besucht „Flat Man“, der inzwischen zu einer lokalen Berühmtheit geworden ist. Den Kindern erzählt er, dass jeder ein Superheld sein könne: Man müsse nur nett und großzügig sein und auf andere achten. „Viele Kinder denken, Superhelden hätten besondere Kräfte.“ Es sei schön, ihnen beizubringen, dass auch einfache Dinge das Leben eines Menschen ändern können.
Schüchtern und bescheiden ist der selbst ernannte Superheld nicht. Wer seine Facebook-Seite betrachtet, merkt das. Er selbst sagt: „Du musst schon etwas speziell sein, wenn du in Lycra rumlaufen willst.“
„Flat Mans“ Facebook-Auftritt strotzt vor so genannten „Likes“ und Danksagungen. Zu sehen sind Fotos des Kostümierten mit kranken Kindern, umringt von Schülern, handgeschriebene Briefe, aber auch ein Fitnessvideo, das „Flat Man“ in bester „Rocky“-Manier beim Training zeigt.
Mit drei Jahren sprang er vom Dach seines Elternhauses, im Glauben, Superman zu sein. Dabei brach er sich das Schlüsselbein. „Ich habe daraus meine Lektion gelernt, dass ich nicht fliegen kann“, sagt „Flat Man“. Also habe er sich andere Kräfte angeeignet. „Flat Man ist ein Charakter, und wenn du das Kostüm anziehst, bist du im Superhelden-Modus“, sagt der Mann hinter der Maske. Alles sei eine große Performance. Sein „Flatmobil“, ein roter Lieferwagen, wird gesponsert. Das Canterbury Museum in Christchurch zeigt sein erstes Kostüm als Teil einer Dauerausstellung.
Wer hinter der Verkleidung steckt, soll geheim bleiben. Daher redet der Unbekannte nicht über seinen echten Beruf. Nur so viel: Tagsüber zu arbeiten und nachts den Superhelden zu spielen, sei hart. „Flat Man“ wäre daher lieber Wohltäter in Vollzeit: „Ich warte auf den Tag, an dem ein Spender die ganze Sache finanziert.“