Tempelhof bleibt ein Spielplatz
Die Berliner sind gegen eine Bebauung des Flughafengeländes — sie wollen ihr grün-graues Refugium erhalten.
Berlin. Jetzt geht auch an einem zweiten Berliner Flughafen nichts voran. Großprojekte trauen die Bürger ihrer rot-schwarzen Landesregierung nach dem Bau-Debakel am Hauptstadtflughafen offenkundig nicht mehr zu. Überraschend deutlich haben sie deshalb ihr Freizeitparadies, den riesigen ehemaligen Flughafen Tempelhof, vor Bebauung geschützt. Für den Regierungschef Klaus Wowereit (SPD) ist es eine Ohrfeige.
Die Berliner haben sich für ihren eigenen Central Park entschieden — wie in New York, nur ohne Bäume und Bänke. Das Tempelhofer Feld, einst ältester Verkehrsflughafen der Welt, ist eine Steppe mitten im hauptstädtischen Häusermeer. Es ist ein Mekka für Läufer, Skater, Griller, Sonnenanbeter und Kiteboarder. Eine bunte Szene, die Drachen durch die Lüfte sausenlässt. Auf der Fläche größer als Monaco gibt es dort seltene Tiere wie den Steinschmätzer, viel frische Luft und atemberaubende Sonnenuntergänge.
Der Senat wollte am Rand des 380 Hektar großen Feldes dringend benötigte Wohnungen hochziehen. Denn die Hauptstadt wächst, Wohnraum wird knapper und die Mieten steigen. Doch diesmal scheint Wowereits berühmtes Gespür für seine Stadt versagt zu haben.
Doch das Votum einzig als Abrechnung mit dem inzwischen dienstältesten Länder-Regierungschef zu interpretieren, wäre zu einfach. Denn bei der parallel abgehaltenen Europawahl überraschte seine SPD mit einem Sieg — selbst die eigenen Genossen. Dann müssen aber viele SPD-Anhänger gegen die Pläne der eigenen Partei für das Tempelhofer Feld gestimmt haben.
Dies bedeutet zugleich auch das Aus für den geplanten Neubau der Zentral- und Landesbibliothek, die in Tempelhof entstehen sollte. Unabhängig davon brauche Berlin aber eine starke öffentliche Zentralbibliothek, erklärte am Montag Volker Heller, Vorstand der Stiftung Zentral- und Landesbibliothek Berlin.
Wobei das nun nicht bebaute Feld nicht nur Spielplatz für die Berliner sein soll — auch andere Vorschläge machen die Runde. Sie dürften nach der Entscheidung von Sonntag weiter befeuert werden. Nicht Wohnungen oder ein riesiger Park — ein Wald könnte doch auf dem Tempelhofer Feld entstehen.
Das schlagen zumindest Waldbesitzer vor. „Warum nicht gleich etwas planen, was den Interessen aller Berliner dient?“, fragte ihr Interessenverband. Berlin sei heute schon Europas Metropole mit dem größten Waldbesitz. Ein Wald sei nicht nur Erholungsgebiet und Sauerstofflieferant, sondern spüle durch Forstbewirtschaftung auch Geld in die Kassen.