Anschlag geplant Terrorverdächtige sollen Essener Einkaufszentrum ausgespäht haben

Sechs Syrer wurden festgenommen, weil sie einen Anschlag geplant haben sollen. Mögliches Ziel war laut Medienberichten der Essener Weihnachtsmarkt. Die Ermittler sprechen von einem "sehr frühen Stadium" der Pläne.

Der Essener Weihnachtsmarkt (Archivbild) soll Ziel von Terroristen gewesen sein.

Foto: Julian Stratenschulte

Frankfurt/Main. Wieder eine Razzia wegen Terrorverdachts: Die Polizei hat am Dienstagmorgen in mehreren deutschen Städten sechs Syrer festgenommen. Die Männer im Alter von 20 bis 28 Jahren sollen als Mitglieder der Terrormiliz IS einen Anschlag auf ein öffentliches Ziel in Deutschland geplant haben, teilte die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt mit. Drei der Terrorverdächtigen wurden während der Durchsuchung von acht Wohnungen in Kassel festgenommen, die anderen in Hannover, Essen und Leipzig. Haftbefehle waren bis Dienstagnachmittag nicht beantragt worden.

Nach Angaben aus Sicherheitskreisen waren die Anschlagspläne noch nicht sehr weit vorangeschritten. Die Männer seien bei Ausspähaktionen beobachtet worden. „Das Sicherheitskonzept hat gegriffen“, sagte der Sprecher der Frankfurter Generalstaatsanwaltschaft. Angaben über die Dauer der Ermittlungen gab es nicht.

Der Hessische Rundfunk (hr) berichtete unter Berufung auf Ermittlerkreise über einen geplanten Anschlag auf den Essener Weihnachtsmarkt. Der Kölner Stadt-Anzeiger (Mittwochausgabe) berichtete vorab unter Berufung auf Ermittlerkreise, einer der Festgenommenen, ein 20 Jahre alter Asylbewerber, habe vor einiger Zeit mit anderen Personen vor einem Essener Einkaufszentrum Bilder gemacht. Die Männer hätten sich als Architekturstudenten ausgegeben, seien damals aber bereits observiert worden. Die Ermittler seien hellhörig geworden, da es bereits im März eine Anschlagsdrohung auf das Zentrum in der Innenstadt gegeben hatte. Es blieb anschließend mehrere Tage geschlossen.

Die Ermittler gaben offiziell lediglich bekannt, die Anschlagsplanungen hätten sich gegen ein öffentliches Ziel in Deutschland gerichtet und seien noch nicht abgeschlossen gewesen. Hinweise auf ein konkretes Ziel gebe es noch nicht, sagte Staatsanwalt Christian Hartwig. Nach Angaben der Stadt Essen gibt es keine konkreten Hinweise für ein Anschlagsszenario auf dem Essener Weihnachtsmarkt. Die Verwaltung beruft sich bei dieser Angabe wiederum auf die Generalstaatsanwaltschaft in Frankfurt und die Polizei. „Die Ordnungsbehörden, die Polizei Essen, die Staatsanwaltschaft und der Staatsschutz arbeiten im Sinne und Interesse der Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger sehr eng und vertrauensvoll zusammen“, teilte Oberbürgermeister Thomas Kufen (CDU) mit.

Vier der Verdächtigen waren im Dezember 2014 als Asylsuchende nach Deutschland eingereist. Die anderen kamen im August und September 2015. Rund 500 Polizeibeamte waren an den Durchsuchungen beteiligt. Dabei wurden nach Darstellung der Staatsanwaltschaft verschiedene Speichermedien wie Mobiltelefone und Laptops sowie Dokumente sichergestellt. Ermittelt wird wegen der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung und der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Straftat.

Mindestens einer der Terrorverdächtigen wurde in einer Wohnung im dritten Obergeschoss eines Kasseler Mehrfamilienhauses im Stadtteil Wesertor festgenommen. Nachbarn berichteten von einem lauten Knall im Treppenhaus gegen fünf Uhr morgens. Polizisten in Schutzkleidung und mit schweren Waffen hätten eine Tür gesprengt und die Wohnung gestürmt, in der laut Nachbarn mehrere aus Syrien stammende Personen gewohnt haben sollen.

Nach Informationen der Tageszeitung „Die Welt“ hatten andere Flüchtlinge die Ermittler auf die Spur der Verdächtigen gebracht. Diese Zeugen hätten angegeben, dass die Männer IS-Kämpfer in Syrien waren. Die Staatsanwaltschaft bestätigte dies zunächst nicht.

Im vergangenen Jahr gab es in Kassel Durchsuchungen bei den Vorstandsmitgliedern eines salafistisch ausgerichteten Islamischen Kulturvereins. Der hessische Innenminister Peter Beuth (CDU) berichtete damals, dass nach Erkenntnissen der Ermittler mehrere Besucher der von dem Verein getragenen Moschee bereits nach Syrien ausgereist seien, um den IS zu unterstützen.

Deutschland ist seit langem im Visier islamistischer Terroristen. Regelmäßig kommt es zu Festnahmen von Terrorverdächtigen. Erst Ende Oktober hatten Spezialkräfte in Schwerin einen Syrer festgenommen, der einen islamistisch motivierten Bombenanschlag mit hochexplosivem Sprengstoff geplant haben soll. In seinem Fall waren die Vorbereitungen laut Sicherheitskreisen deutlich weiter als im Fall der nun festgesetzten Männer.

Im vergangenen Jahr hatte Deutschland mehrere terroristische Attacken erlebt. Der schwerste Anschlag war der Angriff auf einen Weihnachtsmarkt in Berlin im Dezember vor einem Jahr. Der Attentäter war mit einem Lastwagen in den Weihnachtsmarkt auf dem Berliner Breitscheidplatz gerast. Zwölf Menschen starben, Dutzende wurden verletzt. dpa