Starke Doku „The King - Elvis und der amerikanische Traum“ in der ARD

Berlin (dpa) - Er schlug ein wie eine Bombe. Als Elvis Presley Anfang der 1950er Jahre die Bühne betrat, war das Land bald nicht mehr dasselbe. Mit seinem lasziven Hüftschwung und den respektlosen Rock'n'Roll-Nummern brachte der Sänger die prüde amerikanische Nachkriegsgesellschaft ins Wanken.

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Für den am 8. Januar 1935 geborenen Jungen aus Tupelo im Bundesstaat Mississippi, der in einem Schwarzenviertel aufwuchs, ging der amerikanische Traum in Erfüllung. Und wie steht es heute um dieses Glücksversprechen? Um diese Frage dreht sich der dokumentarische Filmessay „The King - Elvis und der amerikanische Traum“, der an diesem Mittwoch um 22.45 Uhr im Ersten läuft.

Der preisgekrönte Regisseur Eugene Jarecki („Drogen: Amerikas längster Krieg“) hatte per Zufall die Gelegenheit, einen Rolls-Royce von Elvis zu kaufen. Er baute seine Kameras darin auf, lud sich Gäste auf die Rückbank ein und fuhr mit ihnen im Wahljahr 2016 insgesamt 12 000 Meilen durch die USA. Entstanden ist so ein faszinierender Filmessay über die großen Träume und Alpträume der Amerikaner seit dem 2. Weltkrieg. Zu Wort kommen neben anderen Schauspieler wie Ethan Hawke, Ashton Kutcher oder Alec Baldwin der Poptheoretiker Greil Marcus und einige schwarze Rapper.

Der rebellische Gestus wurde dem King spätestens bei seinem Militärdienst ausgetrieben, danach mutierte er zu einem Geschöpf der Musikindustrie. Der Star geriet in die Fänge des ominösen Managers Colonel Tom Parker, der den Jungen aus Tupelo in eine Geldmaschine verwandelte: In unzähligen Kinofilmen, Fernsehshows und Konzerten war Elvis omnipräsent. Rockmusiker John Hiatt kommen auf dem Rücksitz der Limousine die Tränen bei dem Gedanken an den jungen Presley: „zu spüren, wie er in der Falle gesessen hat“. Dabei ist das Phänomen Elvis schwer zu fassen. Er bediente sich bei den schwarzen Musiktraditionen des Gospel oder Blues, aber engagierte sich nicht in der Bürgerrechtsbewegung.

So fährt Regisseur Eugene Jarecki durch die endlosen Weiten des Landes, und natürlich bleibt der uralte Luxusschlitten auch mal liegen. Dies dient den Insassen dann natürlich als Metapher auf das Scheitern des amerikanischen Traumes. Auf der Route 66 fährt Jarecki Richtung Westen und findet ein Land vor, dem die industrielle Grundlage entzogen wurde, wo in heruntergekommen Städten Arbeitslosigkeit und Depression dominieren. Endstation der Reise im Rollys-Royce ist Hollywood, die gnadenlose Traumfabrik, in der Elvis Presley mehr als zehn Jahre lang belanglose Unterhaltungsfilme gedreht hat. Künstlerisch war dies eine Katastrophe. „Er hat sich immer für das Geld entschieden“, sagt Ethan Hawke.

In einem „Comeback-Special“ 1968 verwandelt sich Elvis ganz in schwarzem Leder noch einmal in den sexy „Rock'n'Roller von früher. Ein entspannter, witziger Auftritt. Er lästert über seine eigene Filme, dann hebt er den Mikrofonständer wie eine Harpune in die Luft und sagt: „Moby Dick“. In diesem Moment lebt der amerikanische Mythos. Der Rest ist eine Tragödie. Elvis landet in Las Vegas, spielt auf Geheiß seines Managers unzählige Shows, wird medikamentensüchtig, und stirbt mit nur 42 Jahren am 16. August 1977 in Memphis.