Tierischer Sex kennt viele Spielarten

Stuttgart (dpa) - Es kommt beim Sex nicht auf die Größe an? Von wegen. Im Tierreich ist das zum Teil ganz anders. Warum, verrät eine Ausstellung im Naturkundemuseum Stuttgart.

Das Liebesleben eines Anglerfisch-Männchens ist nach menschlichen Maßstäben total entwürdigend. Das kleine Tier beißt sich im Körper des deutlich größeren, weiblichen Tiefseefisches fest und lässt sein Leben lang nicht mehr los. „Die Blutkreisläufe verbinden sich, und das Männchen bildet alles zurück - bis auf die Hoden“, berichtet Arnold Staniczek, Wissenschaftler am Naturkundemuseum Stuttgart und Kurator der Ausstellung „Sex“.

Tierischer Sex kennt viele Spielarten, von der Jungfernzeugung bis zum Mord nach dem Akt. Dass sie alle ihren Grund haben, macht die ungewöhnliche Ausstellung deutlich, die von Donnerstag an bis zum 20. Mai im Stuttgarter Schloss Rosenstein zu sehen ist.

„Weibchen sind vor allem interessiert an einem Partner, der möglichst fit ist. Sie suchen nach Qualität“, sagt Staniczek. Der Grund: Sie stellen die ausgeklügelte Eizelle her, sind dann für das Heranwachsen und oft auch für die Aufzucht des Nachwuchses zuständig. Fehlgriffe sind da ärgerlich.

„Männer dagegen produzieren im Grunde Billigprodukte in großen Mengen“, sagt der Kurator im Hinblick auf die Spermien. Ihr Interesse sei, das Erbgut so weit wie möglich zu streuen. Und so stimmen sie liebliche Gesänge an, „parfümieren“ sich, bringen Brautgeschenke, leuchten oder tänzeln, was das Zeug hält. Die Natur versieht sie zum Teil mit Federn, die ihnen zwar das Fliegen erschweren, aber bei der Balz helfen. Oder - wie im Fall des Herkuleskäfers - mit einem besonders langen Brusthorn, mit dem sie Nebenbuhler in die Flucht schlagen können.

Es gibt fast nichts, was es beim animalischen Sex nicht gibt. Einige Tiere wechseln munter das Geschlecht. Clownfische etwa sind heute noch Weibchen und morgen schon Männchen. Bei den Plattwürmern führt das Zwitter-Dasein zu einem regelrechten „Penisfechten“: Wer das männliche Geschlechtsteil zuerst einsetzt, darf den bequemeren Part übernehmen. Der andere muss das Weibchen sein. Manche Arten vereinigen gleich beide Geschlechter in sich, um sich bei Bedarf selbst zu befruchten. Andere, etwa die Schnegel-Schnecke oder der Rampenfußkrebs, können ihr Geschlechtsorgan auf ein Vielfaches der Körperlänge ausfahren.

Tierischer Sex ist kein Spaziergang. So lösen die Männchen der Raubtierart Fossa mit Stacheln am Penis den Eisprung des Weibchens aus. Männliche Bettwanzen stecken ihren Penis in die Bauchhöhle des Weibchens, damit die Samen schneller beim Ei sind. Und die weibliche Wespenspinne betrachtet ihren Lover nach dem Akt ganz gern als Nachtisch. „Die Männchen müssen schnell das Weite suchen, sonst werden sie gefressen.“

So hart geht es natürlich nicht überall zu. Staniczek ist überzeugt, dass Menschenaffen etwa durchaus Vergnügen beim Akt empfinden können. Aber Treue ist im Tierreich die Ausnahme, weiß der Fachmann. Selbst jahrelang als monogam betrachtete Vogelweibchen gönnen sich von Zeit zu Zeit einen Seitensprung. „Das hat auch seinen Sinn, denn oft finden sie nicht auf Anhieb den besten Partner“, betont der Experte. Maulwürfe, Eichhörnchen und Wanderratten wissen wenigstens zu verhindern, dass sich die Weibchen gleich nach dem Akt einen Neuen suchen: Sie geben ein Sekret ab, das den Scheideneingang verschließt. „Das ist quasi ein Bio-Keuschheitsgürtel.“