Tod einer Polizistin: „Dafür gibt es keine Entschuldigung“

Ein betrunkener Lkw-Fahrer rammt auf der A61 ein stehendes Polizeiauto, eine Beamtin stirbt. Der Mann aus der Ukraine muss sich vor Gericht verantworten.

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Mönchengladbach. Am Abend des 27. Dezember 2017 machen sich drei Polizisten auf den Weg in die Nähe von Viersen, um auf der A61 einen offenbar betrunkenen Lastwagenfahrer zu stoppen. Nur zwei von ihnen überleben den Einsatz, bei dem der Lkw später das auf dem Standstreifen mit Blaulicht wartende Polizeiauto mit voller Wucht rammt und rund 200 Meter mitschleift. Eine 23 Jahre alte Polizistin stirbt auf der Rückbank des Wracks. Ein Kollege und eine Kollegin werden schwer verletzt und haben auch ein halbes Jahr später mit den Folgen zu kämpfen.

Seit gestern steht der 49 Jahre alte Fahrer des Lastwagens vor dem Landgericht Mönchengladbach. Der Mann aus der Ukraine soll für den tragischen Unfall, der überregional für Entsetzen gesorgt hat, verantwortlich sein. Dem Angeklagten wird fahrlässige Tötung vorgeworfen. Laut Staatsanwaltschaft soll er bei der Kollision 2,58 Promille Alkohol im Blut gehabt haben.

Die Vorwürfe seien richtig, sagt der Verteidiger des Lkw-Fahrers zu Beginn des Prozesses. „Dafür gibt es keine Entschuldigung, dazu steht er.“ Der Angeklagte und die Eltern des Todesopfers sitzen sich im Gerichtssaal schräg gegenüber. Die beiden sind als Nebenkläger zum Prozess gekommen.

Das Bild über die Stunden vor dem Unfall, das die Prozessbeteiligten am ersten Verhandlungstag zeichnen, macht fassungslos. Mit starken Hüftschmerzen und dem Wissen, dass er eine neue Hüfte brauchte, war der Ukrainer nach Angaben seines Anwalts zu der Fahrt nach Belgien aufgebrochen. Er habe das Geld für die Hüft-Operation gebraucht. Am Unfalltag soll er viel Ibuprofen genommen und dann stundenlang mit russischen Kollegen auf einem Rastplatz in der Nähe von Viersen Wodka getrunken haben.

Danach könne er sich an nichts mehr erinnern, sagt der Angeklagte. Im Lkw wird später ein halbleere Drei-Liter-Wodka-Flasche gefunden. Zudem zahlreiche weitere Flaschen mit Alkohol. Nach Angaben des 49-Jährigen waren sie für die Silvesterfeier gedacht. Er habe nach dem getrunkenen Wodka nicht weiterfahren, sondern bis zum nächsten Tag warten wollen, sagt er. „Ich weiß gar nicht, wie ich losgefahren bin.“ Er tat es aber offenbar. Erst auf der Polizeiwache nach dem Unglück habe seine Erinnerung wieder eingesetzt, sagt der Angeklagte.

Die beiden überlebenden Polizisten erscheinen mit psychologischen Unterstützern an ihrer Seite. Nach der Kollision habe er die verletzten Kolleginnen gesehen und versucht, Hilfe anzufunken, sagt der 22 Jahre alte Polizei-Azubi. Kurz nach dem Unfall habe er einen Nervenzusammenbruch gehabt. Bis heute kehrten die Bilder in seinem Kopf wieder. Seine 49 Jahre alte Kollegin, die damals lebensgefährlich verletzt wurde, befindet sich in psychologischer Behandlung und ist seit dem Unfall dienstunfähig.

Der Angeklagte zeigt Reue. „Es tut ihm wahnsinnig leid“, sagt sein Verteidiger. „Er würde gerne die Zeit zurückdrehen, aber er weiß, dass er es nicht kann.“ Die beiden betroffenen Polizisten schweigen. Die Mönchengladbacher Kammer will an insgesamt sechs Prozesstagen und bis zum 17. Juni verhandeln.