Tod eines Nachbarn mit Zivilcourage - 35-Jähriger zu Haft verurteilt
Im Mai eskaliert in einem Mehrfamilienhaus in Frechen ein Beziehungsstreit. Als ein Nachbar Rufe hört, kommt er zur Hilfe. „So war er“, sagt seine Witwe. Heute ist ihr Mann tot, er hat den Einsatz mit dem Leben bezahlt. Der Täter wird verurteilt.
Köln. Der Tag hatte eigentlich gut begonnen. Ein Vorstellungsgespräch war für den Mann, der am Montag von Beamten in den Saal 23 des Landgerichts Köln geführt wird, erfreulich verlaufen. Es stand sogar eine bessere Stelle in Aussicht, als die, für die er sich beworben hatte. Das war im Mai. Heute ist es nur noch eine Randnotiz in der Urteilsbegründung der 11. Großen Strafkammer.
Denn der Tag endet in der Katastrophe. Der Mann erschlägt in Frechen einen Nachbarn seiner ehemaligen Lebensgefährtin. Dieser hatte helfen wollen, als die Frau bei einem Streit mit dem Angeklagten um Hilfe rief. Seine Zivilcourage bezahlt der 51-Jährige mit dem Leben. Und der 35 Jahre alte Angeklagte steht kein guter Job mehr in Aussicht, sondern das Gefängnis. Das Landgericht verurteilt ihn am Montag zu sechs Jahren Haft wegen Totschlags.
Der Weg zu dieser Katastrophe beginnt kurz nach dem Bewerbungsgespräch, stellt das Gericht fest. Das damalige Paar trinkt Alkohol. Es gibt - wie häufiger - Streitigkeiten. Am Abend eskalieren sie aber so sehr, dass die Frau zu dem Nachbarn in die Wohnung unter ihrer eigenen flüchtet. Der Angeklagte pöbelt vom Balkon aus weiter und fordert den 51-Jährigen auf, hochzukommen. Er wolle ihn „platt machen“. Stattdessen kommt die Polizei und erteilt einen Platzverweis - an den sich der 35-Jährige aber nicht hält.
Der Deutsche kehrt in das Mehrfamilienhaus zurück und die Sache gerät den Angaben zufolge vollends aus den Bahnen. An der Wohnungstür schubst ihn seine Freundin in den Hausflur zurück und schließt die Tür. Sie läuft auf den Balkon, ruft um Hilfe. Nun kommt der Nachbar, der die Schreie hört, tatsächlich nach oben.
Ob es einen verbalen Streit zwischen den Männern gibt, ist nicht sicher. Fest steht, dass der 35-Jährige sein Opfer zu Boden bringt und ihm mehrmals wuchtig ins Gesicht schlägt - so wuchtig, dass der 51-Jährige wenig später stirbt. Es gibt keine Hinweise, dass der Nachbar zuerst geschlagen haben könnte. „Sie sind nicht angegriffen worden“, stellt der Richter in Richtung des Angeklagten fest. „Sie sind ausgerastet.“
Vor Gericht hat der Angeklagte die Tat nicht bestritten, allerdings auch Probleme offenbart, sie zu schildern. Das Gericht ist zwar nicht vollständig überzeugt, dass der 35-Jährige zum Tatzeitpunkt im Zustand einer „tiefgreifenden Bewusstseinsstörung“ war. Es geht davon aber nach dem Grundsatz „In dubio pro reo“ - im Zweifel für den Angeklagten - aus. Das Strafmaß fällt entsprechend aus. Zudem soll der Mann 25 000 Euro Schmerzensgeld an die Witwe des Opfers zahlen.
Sie ist auf einen Rollstuhl angewiesen und kann nun nicht mehr von ihrem Mann unterstützt werden. Die Frau wirkt während des Prozesses wie paralysiert. Ihr Mann sei so gestrickt gewesen, sagt sie. Er habe geholfen, wenn jemand in Not war. „Das war ja sein Fehler.“