Todesschütze aus der Pfalz litt unter Verfolgungswahn
Kaiserslautern/Weilerbach (dpa) - Als Waffennarr mit Verfolgungswahn hat sich der Todesschütze aus der Arztpraxis in der Pfalz entpuppt. Wie der Leitende Oberstaatsanwalt Helmut Bleh in Kaiserslautern sagte, litt der 78-jährige Rentner wohl unter einer wahnhaften Persönlichkeitsstörung.
Der Mann hatte am Montag in Weilerbach zwei Ärzte erschossen und sich dann das Leben genommen. In seinem Haus hortete er den Angaben zufolge Waffen und sicherte das Gebäude mit einer Stromfalle. Der sozial-psychiatrische Dienst des Landkreises Kaiserslautern, der Kontakt zu dem Mann gehabt hatte, wies am Tag nach der Bluttat Verantwortung zurück.
Warum der Rentner ausgerechnet die Ärzte tötete, die ihn wegen seiner Krebserkrankung behandelten und zu denen er wohl ein gutes Verhältnis hatte, blieb zunächst unklar. Nach Erkenntnissen der Ermittler hatte der seit mehr als 20 Jahren in Scheidung lebende Rentner die Schüsse geplant. Er kam mit zwei Waffen in die Gemeinschaftspraxis und hinterließ eine Art Abschiedsbrief.
Laut Bleh ist es möglich, dass auch seine unheilbare Krebserkrankung zum Hintergrund gehört. Der 78-Jährige fühlte sich nach Aussagen von Nachbarn von schädlichen Strahlen verfolgt.
Der sozial-psychiatrische Dienst hatte zuletzt in Kontakt mit dem psychisch kranken Mann gestanden. Dabei waren aber keine Anzeichen für Fremd- oder Eigengefährdung festgestellt worden, erklärte der zuständige Kreisbeigeordnete Gerhard Müller. Ohne diese sei keine zwangsweise psychiatrische Behandlung möglich. „Alle Fachleute haben das so gesehen, dass auf keinen Fall eine Zwangsmaßnahme nötig ist.“
In der Praxis, in der der 78-Jährige das Blutbad anrichtete, war der 78-Jährige als freundlich bekannt. Er soll ein gutes Verhältnis zu den Medizinern gehabt haben, berichtete Bleh. Es gebe auch keine Anzeichen dafür, dass er mit der Behandlung unzufrieden gewesen sei.
Den bisherigen Ermittlungen zufolge kam der Mann gegen 16.00 Uhr in die Praxis, bezahlte die Gebühr von zehn Euro und setzte sich ins Wartezimmer. Die Waffen hielt er versteckt. Als er aufgerufen wurde, ging er in das Behandlungszimmer und schoss gezielt auf einen 46-jährigen Mediziner. Ein weiterer Arzt, der Onkel des Schwerverletzten und eine Arzthelferin, eilten den Erkenntnissen zufolge zu Hilfe und wurden ebenfalls getroffen. Der 63-jährige Mediziner und sein Neffe starben in der Praxis. Die Assistentin wurde verletzt, wie Einsatzleiter Hans Maaßen berichtete.
Erst einem weiteren Arzt gelang es, den Täter zu entwaffnen. Dieser flüchtete in sein etwa zwei Kilometer entferntes Haus und nahm sich das Leben. Zuvor schoss der 78-Jährige noch aus dem Küchenfenster auf die Polizei, die vor seinem Haus eintraf. Ein Schuss streifte einen Beamten.
Die Einsatzkräfte stürmten das Haus, wo sie die Leiche und einen kurzen Abschiedsbrief fanden. „Ich will kein Grab. Ich will verbrannt werden, aber ich will keine Urne. Es sollen keine Erinnerungen übrig bleiben“, stand auf dem Zettel. „Daraus lässt sich einfach schließen, dass der ganze Geschehnisablauf geplant und vorsätzlich durchgeführt worden ist“, sagte Maaßen.
Die Polizei beschlagnahmte sechs Langwaffen und drei Pistolen. Einen Waffenschein oder Besitzkarten hatte der Mann nach Angaben der Ermittler nicht. Strafrechtlich sei er bisher nicht in Erscheinung getreten, doch mehrfach derart mit Nachbarn oder Untermietern aneinandergeraten, dass die Polizei anrücken musste.
Die Nachbarn beschrieben den Mann bei Befragungen der Polizei als „schwierig und zunehmend verwirrt“. In letzter Zeit habe er behauptet, seine Nachbarn attackierten ihn mit Strahlen, was bei ihm Herzrasen und Schweißausbrüche verursache, berichtete Oberstaatsanwalt Hans Bachmann. Zuletzt habe er deshalb Mitte Februar die Polizei gerufen, die daraufhin den sozial-psychiatrischen Dienst einschaltete.
Der „unvorstellbare Gewaltausbruch“ sei nicht vorhersehbar gewesen, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Bleh. Die Ermittler wollen nun weiter Nachbarn und Menschen aus dem Umfeld der Praxis befragen, um das Motiv aufzuklären.