Tränen der Erleichterung nach dem Amokalarm

Sankt Augustin. Schutzsuchend schlingt eineJugendliche die Arme um ihren Freund. Der junge Mann versucht, cool zubleiben - ihr aber steht die Angst ins Gesicht geschrieben.

Dies isteine der vielen anrührenden Szenen, die sich am Montagvormittag vor demAlbert-Einstein-Gymnasium in Sankt Augustin bei Bonn abspielen.

Nacheiner Messerattacke auf eine Schülerin ist dort am Morgen Amokalarmausgelöst worden. Tatverdächtig ist eine 16-jährige Schülerin.

Um die ganze Schule herum parken Polizeiautos. Polizisten und Sanitäterhalten sich bereit, ein Hubschrauber kreist über dem Gymnasium, einemnüchternen Zweckbau, wohl 1960er Jahre. Geradezu bedrohlich wirken dieMitglieder eines Sondereinsatzkommandos - sie tragen schwarzekugelsichere Westen und sind maskiert, nur die Augen bleiben frei.

Im strömenden Regen warten Eltern und Schaulustige hinter einerAbsperrung. Die nassen Haare kleben ihnen am Kopf. Ein Mann mit Anzugund Krawatte steht neben einer Frau im Trainingsanzug - gegenseitigmachen sie sich Mut. Viele rauchen. Auch der Bruder einer Schülerin istgekommen: „Es geht mir schlecht“, sagt er. Aus einer jungen Frausprudelt es hervor: „Ich bin total panisch geworden - meine Schwesterist hier.“

Eine Mutter ist in Hausschlappen und kurzer Hose zur Schule gerannt,als sie von dem Vorfall erfahren hat. „Das Schlimmste sind dieGerüchte“, sagt sie. Ihre Freundin nimmt sie in den Arm: „Das wirdschon gutgehen.“ Immer wieder kommen Angehörige zu den Feuerwehrleutenund fragen nach Neuigkeiten. Manche schlagen die Hände vors Gesicht.

Es war so um 9.00 Uhr herum, als der Unterricht in den Klassenräumenplötzlich von einer Durchsage unterbrochen wurde: „Alle Klassenabschließen und dann sofort auf den Boden legen!“ Da lagen sie nun undwarteten ab, was geschehen würde.

„Und wir mussten ziemlich langewarten“, erzählt Tobias aus der 6. Klasse. „Ich habe zuerst gedacht,das ist eine Übung.“ Die Lehrer seien sehr aufgeregt gewesen, berichtetder 16-jährige Samuel Weiss. „Dann kam das Sondereinsatzkommando undhat uns rausgeholt.“ Alle Schüler wurden in die Turnhalle gebracht.

Sabrina hat nun alles hinter sich - die 14-Jährige wird von ihrerMutter abgeholt. „Wir saßen in der Turnhalle und haben die ganze ZeitRadio gehört“, erzählt sie. „Die wussten mehr als wir.“ Viele Kinderund Jugendliche wollen sich vor den wartenden Reportern nicht äußern.Ihre Eltern nehmen sie in den Arm und bringen sie zum Auto - manchehaben Tränen in den Augen. Freudentränen zum Glück.