Ungeklärt: Mord an Rohwedder - Das letzte Attentat der RAF

Vor 25 Jahren wurde in Düsseldorf Treuhandchef Detlev Karsten Rohwedder getötet. Die Täter sind immer noch unbekannt.

Düsseldorf. Detlev Karsten Rohwedder sitzt nachts im Pyjama am Schreibtisch seiner Villa in Düsseldorf. Als er aufsteht, fällt ein Schuss. Der Treuhandchef wird in den Rücken getroffen und stirbt. RAF-Terroristen hatten den Topmanager, einen der mächtigsten Männer der Nachwendezeit, am 1. April 1991 aus dem Dunkel einer Kleingartenanlage ins Visier genommen. Eine weitere Kugel verletzt seine Frau am Arm. 25 Jahre später wird das Ermittlungsverfahren in dem Mordfall unter dem Aktenzeichen 2 Bis 62/91-2 noch immer „gegen Unbekannt“ geführt.

Der Attentäter trifft aus 63 Metern Entfernung mit einer Gewehrkugel. Die Tatwaffe ist bis heute verschwunden. Am Ostermontag 1991, eine halbe Stunde vor Mitternacht, stirbt Rohwedder - einst Manager des Jahres, Sanierer, Staatssekretär, SPD-Mitglied.

Ungeklärt: Mord an Rohwedder - Das letzte Attentat der RAF
Foto: Hartmut Reeh/dpa

Der 58-Jährige ist damals Herr über gut 8000 ehemalige DDR-Betriebe. Viele sind marode und müssen von der Treuhandanstalt abgewickelt werden. Rohwedder zählt zu den meistgefährdeten Personen Deutschlands. Vor allem auf ihn konzentriert sich die Wut über den Zusammenbruch der DDR-Wirtschaft.

Die Polizei löst nur drei Minuten nach dem Mordanschlag Großalarm und eine Ringfahndung aus, doch das Killer-Kommando entkommt. Die RAF hatte in eine Sicherheitslücke gefeuert: Die Fenster im Obergeschoss waren trotz ihrer exponierten Lage nicht aus kugelsicherem Glas - im Gegensatz zu denen im Erdgeschoss.

Es ist das letzte Attentat in der langen Blutspur der RAF. 1998 löst sich die linksterroristische Gruppe auf. Insgesamt ermordet die RAF 34 Menschen und verletzt etwa 230.

Rohwedders Mörder sind 25 Jahre später noch immer unentdeckt. Einer von ihnen könnte Wolfgang Grams gewesen sein. Ein Haar von ihm klebte an einem Frottee-Handtuch, das am Tatort zurückgelassen worden war. Erst zehn Jahre nach der Tat gelingt es - dank Fortschritten in der Gentechnik - die DNA des 1993 in Bad Kleinen ums Leben gekommenen Terroristen zu identifizieren. Als Beweis gilt das Indiz jedoch nicht.

Vor wenigen Wochen machte die RAF noch einmal Schlagzeilen. Einige der untergetauchten Ex-Terroristen finanzieren sich ihren Lebensunterhalt offenbar durch Überfälle auf Geldtransporter. Mehrfach haben Ermittler nach solchen Überfällen ihre DNA an den Tatorten festgestellt — verhaftet wurde bislang aber niemand.

Beim letzten Attentat der RAF hinterließen die Terroristen am Tatort: Einen Plastikstuhl, einen Feldstecher, drei Patronenhülsen, das Handtuch und den Bekennerbrief. Drei Zigarettenkippen wurden von einem Menschen mit der Blutgruppe A geraucht, ergab die Analyse der Speichelreste — und damit nicht von Wolfgang Grams. Heute hätte die Probe wohl die DNA des Rauchers geliefert, aber vor 25 Jahren ging das noch nicht. Weitere Reste sind nicht mehr vorhanden.

Die Ermittler gingen bislang rund 1000 Spuren nach. Doch die Sonderkommission „Treuhand“ wurde aufgelöst, ohne den Mörder zu kennen. Wer in der Spätphase zu der etwa 20-köpfigen Kommandoebene der RAF gehörte, der sogenannten dritten Generation, ist nicht vollständig bekannt.

Mit Grams rückte im Fall Rohwedder allerdings dessen damalige Freundin Birgit Hogefeld in den Blick. Beide sollen eine Reihe von Straftaten gemeinsam begangen haben. Bei ihrer Festnahme 1993 in Bad Kleinen waren sie ebenfalls zusammen unterwegs. Hogefeld ist nach 18 Jahren Haft seit 2011 auf freiem Fuß — und schweigt.

Könnte sie die Raucherin mit Blutgruppe A gewesen sein? Die Bundesanwaltschaft möchte sich dazu nicht äußern und verweist auf die laufenden Ermittlungen. In den vergangenen 15 Jahren ist die DNA-Analyse weiter verbessert worden. Die Asservate im Fall Rohwedder wurden deshalb erneut untersucht — ein weiterer Durchbruch wie im Fall des Haares von Grams blieb aus.