Urteil im Prozess um minderwertige Brustimplantate

5000 deutsche Patientinnen haben minderwertige Brustimplantate erhalten. Eine Betroffene erzählt — und hofft auf das Urteil.

Paris/Marseille. Scham, Angst und Schmerzen: Französische Billig-Brustimplantate aus Industriesilikon sind allein in Deutschland für mehr als 5000 Frauen zum Albtraum geworden. Morgen wird im ersten Strafverfahren gegen den Gründer des Herstellerunternehmens PIP, Jean-Claude Mas, ein Urteil erwartet. „Ich wünsche mir sehr, dass die Verantwortlichen ihre gerechte Strafe bekommen. Sie sind kriminell und haben die Gesundheit der Frauen aufs Spiel gesetzt, um ihre Geldgier zu stillen“, sagt Cornelia H.

Die 42-Jährige aus der Nähe von Karlsruhe erzählt als eine von wenigen Frauen ihre Leidensgeschichte. Sie will ermutigen, offen mit dem Thema umzugehen. „Viele wollen sich nicht als PIP-Opfer outen, weil sie Angst haben, belächelt zu werden. Es ist ja leider immer noch der Fall, dass Frauen mit Brustimplantaten auf eine gewisse Schiene gestellt werden“, erzählt sie. Kaum jemand wisse, dass eine Entscheidung für eine Operation oft am Ende eines gut überlegten Prozesses stehe.

Bei Cornelia H. begann alles damit, dass ihr Busen nicht so wuchs wie bei anderen Mädchen. „Die Komplexe fingen schon in der Schule an. Ich weigerte mich, am Schwimmunterricht teilzunehmen.“ Auch später habe sie wegen ihrer „extrem kleinen Brust“ immer einen großen Bogen um öffentliche Bäder gemacht.

Als dann noch ein Kinderwunsch zunächst unerfüllt blieb und Cornelia H. „auch in diesem Bereich todunglücklich“ war, beschloss sie 2004, sich als „Seelenbonbon“ eine Brustvergrößerung zu gönnen.

Cornelia H. entschied sich für eine Operation in Tschechien. „Beim Besprechungstermin mit dem behandelnden Arzt Dr. B. machte dieser einen netten, kompetenten Eindruck. Er sprach Deutsch, und ich konnte mich ohne Missverständnisse unterhalten“, berichtet sie.

Bei der Frage nach dem Implantate-Hersteller kam für Dr. B. nur PIP in Betracht. „Er sprach von den besten Implantaten überhaupt, die weltweit marktführend sind.“ Cornelia H. hatte von den PIP-Implantaten gehört. Sie wusste, dass sie sehr viel verwendet werden und sagte ja.

Mehr als sieben Jahre später, im Januar 2012, folgte der Schock. Ihr Mann las vom PIP-Skandal. „Als ich nach meinen Implantatausweisen schaute und sah, dass meine Implantate betroffen waren, war ich wie vom Blitz getroffen“, erzählt sie. Ihr Frauenarzt verwies sie an einen Chirurgen in Karlsruhe. „Dort wurde mir gesagt, dass es besser wäre, die Implantate eher heute als morgen zu entfernen und auszutauschen.“

Die Kosten musste Cornelia H. selbst tragen. Bei dem Eingriff wurde festgestellt, dass das linke Implantat auf einer Länge von mehr als neun Zentimetern gerissen war, und dass sich viel Eiter in der Brust befand. Der Schreck saß tief, vor allem, weil Cornelia H. in der Zwischenzeit einen Jungen und ein Mädchen zur Welt gebracht hatte. „Wer weiß, was die Kinder während der Schwangerschaft vielleicht für Gifte abbekommen haben?“, sorgt sie sich. Sie ist froh, dass es bis heute keine Belege dafür gibt, dass durch das PIP-Silikon schwere Krankheiten ausgelöst werden können.