US-Fitnesstrend Crossfit - beim Training an die Grenze gehen

Nürnberg (dpa) - Die Work-outs dauern nur zehn bis 30 Minuten. Dennoch gilt Crossfit als das härteste Training der Welt. Spitzensportler, Soldaten und immer mehr Freizeitsportler trainieren nach der Methode.

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Doch wer sich nicht anleiten lässt, riskiert Verletzungen.

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Matzes Schweiß tropft zu Boden, das Blut schießt ihm in den Kopf. Es ist die letzte von sechs Durchgängen. Zwanzigmal noch muss der 25-Jährige mit der fünfzig Kilo schweren Hantelstange in die Hocke, aufstehen und das Gewicht dann über den Kopf schleudern, so dass er die Stange mit ausgestreckten Armen in der Luft hält. Um ihn herum stehen vierzig andere Teilnehmer seines Lehrgangs und feuern ihn an.

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Matthias Ikonomov, der eigentlich Chemieingenieurwesen studiert, ist jetzt ausgebildeter Crossfit-Coach. Sein Fitnessstudio hat ihn auf das 1000 US-Dollar teure Lehrgangswochenende nach Nürnberg geschickt. Die dortige „Box“ - so heißen die Fitnessstudios, die sich der Trainingsmethode Crossfit verschrieben haben - gehört mit mehr als 300 Mitgliedern zu den größten in Deutschland. Es gibt dort keine Fitnessräder mit Fernseher, keine Sauna und keinen Wellnessbereich, sondern militärischen Drill und einen Anruf, wenn das Mitglied beim Training fehlt. Ein großer deutscher Sportartikelhersteller sponsert die „Box“ in Nürnberg.

„Die Work-outs sind kurz, beginnen bei acht oder zehn Minuten und dauern nicht länger als eine halbe Stunde“, erklärt Trainerin Ginger Sladky. Auf meterhohen Tafeln unter der Decke hängen die Ziele des Trainings: Der Sport soll nicht nur Muskeln aufbauen, sondern Koordination, Flexibilität, Geschwindigkeit, Schnellkraft, Maximalkraft und Kraftausdauer verbessern. Dafür verbindet der Fitnesstrend Elemente des Gewichthebens und Turnens mit Übungen mit dem eigenen Körpergewicht.

Das Trainingskonzept wurde in den 1990er-Jahren vom kalifornischen Fitnesstrainer Greg Glassman entwickelt. Seit 2000 ist es eine Marke. Es gibt mehr als 10 000 „Boxen“ weltweit, ungefähr 200 davon in Deutschland.

Der Erlanger Sportökonom Wolfgang Kemmler sagt, Crossfit sei eigentlich nichts anderes als eine kommerzialisierte Form des Crosstrainings. „Das Workout ist unspezifisch und breit angelegt und daher für Fitnesssportler ideal.“ Wegen der Verletzungsgefahr bei den komplexen Übungen sei jedoch eine gute Anleitung wichtig. „Eine Kniebeuge ist auch schon komplex: Viele machen sie x-beinig, o-beinig, schieben die Knie zu weit nach vorne oder gehen nicht weit genug runter.“ Viele Freizeitsportler sähen sich jedoch einfach auf Youtube Videos an, organisierten sich in Facebook-Gruppen und versuchten dann zu Hause oder in der Turnhalle, die Übungen nachzumachen. Kemmler betont: „Auf einen Trainer sollten nicht mehr als zehn oder zwölf Sportler kommen.“

Gingers Mann Drake Sladky - damals noch bei der US Army - schaute sich Crossfit in Afghanistan von den Special Forces ab. Nicht nur Muskelprotze und Bodybuilder trainieren mit der Methode, sondern auch Senioren, Schwangere und sogar Kinder. Jede Übung könne skaliert werden, sagt Ginger - sei es durch weniger Gewicht oder einen weniger komplexen Bewegungsablauf.

Damals waren die beiden schon erfahrene Triathleten, machten bei Ironman-Wettkämpfen mit und liefen Ultramarathon. Damit sind sie wie Matze, der früher Leistungsschwimmer war, typische Crossfitter, erklärt Sportökonom Kemmler. „Viele kommen aus dem Leistungssport - das sind Leute, die nicht nach der siebten von zehn möglichen Wiederholungen aufhören, sondern an ihre Grenzen gehen wollen.“ Bei Ginger und Drake trainieren auch die Nürnberger Ice Tigers.

Abos gibt es nicht. Die Mitgliedschaft - die mehr als einhundert Euro im Monat kosten kann - wird monatlich verlängert. Ginger sagt: „Crossfit machen nur Leute, die es wirklich wollen.“