Verbraucher achten beim Einkauf öfter auf soziale Kriterien
Hamburg (dpa) - Fair gehandelt, statt „Geiz ist geil!“. Einer Studie zufolge werden die Bundesbürger bewusster beim Konsum. Wer es sich leisten kann, kauft sich ein gutes Gewissen.
Die Verbraucher interessieren sich zunehmend dafür, ob Produkte biologisch hergestellt, fair gehandelt, klimafreundlich und regional produziert wurden, ermittelte das Trendbüro im Auftrag des Handelskonzerns Otto Group. „Ethischer Konsum ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen“, sagte Trendbüro-Gründer Prof. Peter Wippermann.
Mehr als die Hälfte der Befragten (56 Prozent) gab an, häufig Produkte zu kaufen, die ethisch korrekt hergestellt werden, also Umwelt- und Sozialstandards beachten. Bei der Vorläuferstudie 2011 waren es noch 41 Prozent, 2009 nur 26 Prozent.
In einer repräsentativen Verbraucherumfrage befragte TNS Infratest 1000 Bundesbürger zwischen 16 und 74 Jahren über Konsumethik. Das Verständnis darüber hat sich verändert, so die Wissenschaftler. Längst lasse sich ethischer Konsum nicht mehr nur mit Bio-Lebensmitteln gleichsetzen. Andere Aspekte gewinnen demnach an Bedeutung: Für 92 Prozent der Befragten bedeutet ethischer Konsum, Produkte zu kaufen, bei deren Herstellung auf menschenwürdige Arbeitsbedingungen geachtet wird.
Das bedeute für Unternehmen Herausforderung und Chance zugleich. Während früher allein die Qualität und Preis der Ware im Vordergrund gestanden hätten, sei in den 80er und 90er Jahren das Einkaufserlebnis und das Glücksversprechen durch Konsum dazugekommen. Heute gehe es dagegen zunehmend um Werte. „Immaterielle Werte werden in einer materiell geprägten Lebenswelt immer wichtiger“, sagte Wippermann.
Die Otto Group, die zum vierten Mal eine derartige Studie finanzierte, zieht daraus Schlüsse für ihre Geschäfte. „Es wird immer Verbraucher geben, die ein möglichst gutes Preis-Leistungs-Verhältnis wollen“, sagte Otto-Chef Hans-Otto Schrader. „Aber das Motto 'Geiz ist geil' verliert an Wucht.“ Die unsichtbaren Eigenschaften eines Produkts gewönnen immer mehr an Bedeutung. „Diejenigen Unternehmen, die auch selbst für Werte eintreten, haben die besten Voraussetzungen, diese Herausforderung zu bestehen“, sagte Schrader.
Der Studie zufolge ist die Lebensqualität ein entscheidender Faktor: 60 Prozent kaufen ethisch korrekte Produkte, weil sie damit nach eigener Einschätzung ihre Lebensqualität erhöhen. Sogar 83 Prozent wollen damit die Lebensqualität anderer Menschen (und Tiere) steigern. Allem Bewusstsein zum Trotz bleibt ethischer Konsum ein Wohlstandsphänomen: „Ethische Produkte muss man nicht nur wollen, man muss sie sich auch leisten können“, heißt es in der Studie. 40 Prozent der Befragten finden sie demnach zu teuer. Die Bereitschaft, für Bio-Produkte mehr Geld zu bezahlen, sei sogar zurückgegangen.