Vermeintliches Wachkoma und die Rückkehr ins Leben

Eine Forscherin aus dem Team, das Rom Houben aus seinem vermeintlichen Wachkoma erlöste, erklärt den Fall.

Zolder. Seine Mutter hatte nie Zweifel. "Wir waren immer überzeugt, dass er uns versteht", sagt Fina Houben. 23 Jahre lang lag ihr Sohn Rom im vermeintlichen Wachkoma. Ärzte hatten den ehemaligen Ingenieur-Studenten und Kampfsportler nach einem Unfall als hoffnungslosen Fall gesehen.

Erst als sich ein Koma-Forschungsgruppe in Lüttich auf Initiative von Fina des Patientens annahm, wendete sich das Blatt. Nach drei Jahren Untersuchungen kam 2006 ans Licht, dass das Großhirn des heute 46-Jährigen weitgehend unversehrt ist - Houben war bei vollem Bewusstsein. Die Neuropsychologin Audrey Vanhaudenhuyse ist Mitglied des Forscher-Teams.

Vanhaudenhuyse: Vor mehr als 20 Jahren, als Rom Houben verunglückte, gab es noch gar nicht die technischen Möglichkeiten, um solche präzisen Diagnosen zu stellen. Die Eltern waren zwar überzeugt, dass ihr Sohn etwas mitbekommt, dass er bei Bewusstsein ist. Sie hatten aber keine Möglichkeit, das zu beweisen. Sobald sie von neuen Untersuchungsmethoden hörten, kamen sie auf uns zu - und so wurde Rom viele Jahre nach seinem Unfall erlöst.

Vanhaudenhuyse: Wir können keine genauen Prognosen stellen. Er wird sicherlich niemals wieder gehen können, aber das erwartet er auch gar nicht. Für uns ist es schon ein großer Fortschritt, wenn er seinen kleinen Finger bewegen kann. Er hat keine Erinnerungslücken, sein Gehirn funktioniert weitgehend normal. Darauf können wir aufbauen.

Vanhaudenhuyse: Sie müssen sich vorstellen, Sie liegen im Bett. Sie wollen sprechen und sich bewegen, können es aber nicht. Sie können noch nicht einmal ihre Augen bewegen - aber in ihrem Kopf ist alles okay. Es war sehr schwer für ihn, er war ohne Hoffnung und voller Wut.

Vanhaudenhuyse: Es war Zufall. Wir haben vor kurzem eine Studie veröffentlicht, die zeigt, dass in mehr als 40 Prozent der Fälle die Diagnose Wachkoma irrtümlich erteilt wird. Ein deutsches Magazin hat die Ergebnisse der Untersuchung veröffentlicht und ist auf den Fall Rom Houben gestoßen. So kam alles ins Rollen.