Vom Malerstar zum Nobody: Schalcken vor Wiederentdeckung?
Köln (dpa) - Johannes Vermeer, der Maler des „Mädchens mit dem Perlenohrring“, ist heute weltberühmt, doch zu Lebzeiten war er außerhalb seines Wohnortes Delft nur Kennern ein Begriff. Mit seinem Zeitgenossen Godefridus Schalcken (1643-1706) verhält es sich genau umgekehrt.
Heute ein Nobody, waren seine Werke im 17. und 18. Jahrhundert europaweit gefragt. Mit einer ersten Retrospektive will das Wallraf-Richartz-Museum in Köln seine Wiederentdeckung einleiten.
Die Ausstellung „Schalcken - Gemalte Verführung“ (25.09. bis 24.01.2016) umfasst ein Drittel aller erhaltenen Werke, mehr als 80 Gemälde, die in raffinierter Beleuchtung präsentiert werden, passend zu den vielen Kerzenschein-Motiven. Sie waren das Markenzeichen des Künstlers, der in einem wirtschaftlich äußerst schwierigen Umfeld operierte: Seit der Sonnenkönig Ludwig XIV. die Niederlande 1672 angegriffen hatte, war der Kunstmarkt dort zusammengebrochen. Viele Maler - so Johannes Vermeer - bekamen kaum noch Aufträge und starben hochverschuldet.
Schalcken dagegen machte Karriere. Seine Bilder erzielten zuletzt Preise von 1000 Gulden. Zum Vergleich: Ein Bild von Vermeer wurde 1661 für 20 Gulden versteigert. Einige Jahre arbeitete Schalcken in London, dann für den Kurfürsten Johann Wilhelm in Düsseldorf.
Gerade deshalb aber hatten die Kunsthistoriker des 19. Jahrhunderts nur noch Verachtung für ihn übrig: Holländische Kunst galt nun als bürgerliche Kunst, frisch und frei - das Gegenteil von höfischer Finesse.
Die Kölner Schau stellt Schalcken jedoch nicht nur als überragenden Techniker und Illusionisten vor, sondern auch als einen erstaunlich vielseitigen und humorvollen Künstler. Auf einem Bild zum Beispiel hat ein Junge in einen Pfannkuchen ein Gesicht mit Augen, Nase und Mund hineingebissen. Auf einem anderen bringen zwei Kinder eine aufgeblasene Schweinsblase wie einen Luftballon zum Platzen.