Von der Banalität des Bösen

Schauspieler Herbert Knaup (54) über seine Rolle als SS-Verbrecher Adolf Eichmann und die Lust auf üble Rollen.

Herr Knaup, wie spielt man einen Massenmörder wie Adolf Eichmann?

Herbert Knaup: Es ist natürlich schwer, so jemanden zu verkörpern. Ich habe mich bei der Vorbereitung ganz an den authentischen Film- und Tonaufnahmen entlanggehangelt, auf denen das Dokudrama basiert. Vor allem natürlich an den Tonbändern mit den Interviews, die der ehemalige SS-Mann und Journalist Willem Sassen in den 50er Jahren mit dem in Argentinien untergetauchten Eichmann geführt hat. Das war unglaublich viel Material.

Knaup: In gewisser Weise schon, weil man überhaupt nicht nachvollziehen kann, wie dieser Mann den Holocaust nicht nur rechtfertigt, sondern dabei in seiner ganzen aufgeblasenen Eitelkeit auch noch versucht, seinen persönlichen Anteil an diesem Massenmord herauszustellen. Das ist so abstrus und krank, dass man es kaum fassen kann.

Knaup: Vielleicht die durchaus rührende Verbindung zu seiner Frau, die Fürsorglichkeit seiner Familie gegenüber. Das waren so menschliche Aspekte, die ich miteinbeziehen konnte. Wobei gerade das ja auch etwas Gespenstisches hat: Ein Mann, der an der Ermordung von Millionen Menschen beteiligt ist, zieht zu Hause die Pantoffeln an und kümmert sich um die Familie. Die Banalität des Bösen eben.

Knaup: Ein Monster war der auch nicht. Das Aufregende und Spannende an solchen Figuren ist ja gerade eben deren scheinbare Harmlosigkeit. Eichmann wurde ja wegen seiner dunklen Haare und seines Teints in seiner Schulzeit als "kleiner Jude" verspottet. Das hat den gefuchst, und es sind oft gerade diese Minderwertigkeitsgefühle, aus denen Monströses erwächst, glaube ich.

Knaup: Eigentlich nicht. Eichmann stammte zwar aus Solingen, wuchs aber in Linz auf, und die Melodie des Österreichischen ist mir nicht fremd, weil ich aus Süddeutschland komme. Das schnarrende "R" habe ich aber weggelassen - sonst hätte die Gefahr bestanden, dass das eine Karikatur wird.

Knaup: Auf keinen Fall, das beschäftigt einen schon. Vor allem die ganzen Details sind oft schockierend, wenn das Grauen des Massenmords greifbar wird. Aber es gibt beim Schauspielern auch die Lust auf die bösen Rollen - weil sie oft eine viel stärkere Aussagekraft haben als die anderen.

Knaup: Im Prinzip muss man als Schauspieler jede Figur spielen können. Ich würde es aber immer davon abhängig machen, in was für einem Zusammenhang das steht - für reine Sensationsmache würde ich mich nie hergeben.