Wachsende Schwüle und viele Gewitter
Offenbach (dpa) - Dieser Samstag soll der heißeste Tag des Jahres werden und könnte womöglich einen neuen Hitzerekord in Deutschland bringen.
Der Rekord von 40,2 Grad - gemessen 1983 und 2003 - könnte fallen. Im Westen und Südwesten seien Werte bis zu 40 Grad möglich. Badeorte an Nord- und Ostsee erwarten einen Ansturm von Ausflüglern.
Bereits am Freitag brachte Hoch „Annelie“, das Saharaluft ins Land leitet, viele Menschen mächtig zum Schwitzen: Am wärmsten war es mit 37,7 Grad in Bad Mergentheim in Baden-Württemberg, wie ein Sprecher des Deutschen Wetterdienstes (DWD) in Offenbach am Abend sagte. Bis mindestens Dienstag soll sich die Hitze halten. Spürbar kühler wird es laut DWD wohl erst am Donnerstag.
Das Wochenende bringt auch wachsende Schwüle und viele Gewitter. Zwischen Eifel und Nordseeküste könnten sich zum Samstagabend teils kräftige Gewitter entwickeln. Am Sonntag wächst die Gewittergefahr.
Bereits am Freitag verursachten Blitze, Donner und Starkregen erhebliche Schäden, so auch in Niedersachsen: In Wangelnstedt brannte eine Scheune nieder; Tiere starben. Ein angrenzendes Wohnhaus wurde beschädigt. Drei Bewohner erlitten Rauchgasvergiftungen. Ein Blitz schlug auch in das nordhessische Stellwerk Zierenberg ein; der Schienenverkehr in der Nähe von Kassel war gestört. Für Reisende in der Region wurde ein Ersatzpendelverkehr mit Bussen eingerichtet.
Die Hitzwelle hat eine Menge ernste Folgen. In Krankenhäusern wie der Uniklinik Mainz zum Beispiel wird befürchtet, dass mit jedem weiteren Hitzetag mehr Menschen in die Notaufnahme kommen. Mit akuten Kreislaufproblemen kämpften vor allem alte Menschen.
Die Gluthitze wird auch zur Gefahr im Straßenverkehr und verursacht Schäden an Autobahnen. Vorfälle gab es etwa auf der A7 in Hamburg oder auf der A5 bei Heidelberg. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) will verstärkt Autobahnen überwachen. Spezielle Messfahrzeuge würden untersuchen, wo die Gefahr für Blow-ups (aufgeplatzte Abschnitte bei Betonautobahnen) am höchsten sei. Bundesländer wie Baden-Württemberg, Bayern oder Sachsen-Anhalt drosselten auf Autobahn-Abschnitten das Tempo auf 80.
Auch der ADAC warnte vor der Hitze: In manchen Autos herrschten Verhältnisse wie in einer Sauna. „Bei direkter Sonneneinstrahlung kann sich ein Auto auf über 60 Grad aufheizen“, sagte ADAC-Sprecherin Andrea Piechotta in München. „Autofahrer werden dann rasch müde und unkonzentriert.“ Der Automobilclub rät daher, bei Sonnenparkplätzen die Windschutzscheibe abzudecken und vor dem Losfahren erstmal alle Türen zu öffnen, um das Auto kräftig durchzulüften. Auch in den ersten Fahrminuten sollten zunächst nur die Fenster geöffnet werden - erst dann solle die Klimaanlage aktiviert werden.
Bei der Bahn fielen erneut Klimaanlagen aus. Betroffen waren bis zum Nachmittag (15.00 Uhr) bundesweit fünf Fernzüge. Die Deutsche Bahn stellte für die besonders betroffene Linie Berlin-Amsterdam zwei Ersatzzüge bereit. Sie sollen eingesetzt werden, wenn die Luftkühlung in anderen IC auf der Strecke versagt, wie ein Sprecher mitteilte. Außerdem wurden in Osnabrück mehrere Busse stationiert.
Badeunfälle häufen sich. Allein in Nordrhein-Westfalen wurden in den vergangenen Tagen vier Tote nach Badeunfällen gezählt, am Donnerstag ein 20-Jähriger an einem See in Leverkusen. In Brandenburg starb am Freitag ein 77-Jähriger im Nymphensee bei Brieselang nahe Berlin, in Frankfurt wurde ein 39-Jähriger nach drei Tagen tot aus dem Main geborgen. Die DLRG (Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft) warnte vor einem vermeintlich wohltuenden Sprung ins kühle Nass direkt nach dem Sonnenbad: „Das kann zu Kreislaufproblemen führen“, sagte ein Sprecher. Er rechnet wegen der Hitzewelle mit einem Anstieg der Einsätze zur Rettung Ertrinkender. Freunde sollten einander stets im Blick haben: „Die meisten ertrinken lautlos, etwa zwei bis drei Meter vom Ufer entfernt. Wildes Gefuchtel kommt nur selten vor.“
In einigen Regionen droht Wasserknappheit. Der Oldenburgisch-Ostfriesische Wasserverband (OOWV) forderte Verbraucher auf, Leitungswasser sparsam zu verwenden
Großveranstaltungen stocken ihre Wasservorräte auf. So finden am Wochenende in Nordrhein-Westfalen zahlreiche Reggae- und Rockveranstaltungen statt. Die Veranstalter des Christopher Street Day in Köln erwarten am Sonntag 800 000 Teilnehmer und Schaulustige.
Angesichts der Hitzewelle müssen Wanderer und Ausflügler mit gesperrten Waldgebieten rechnen. In Thüringen zum Beispiel könne die Waldbrandgefahr in den nächsten Tagen auf die höchste Warnstufe 5 steigen, teilte der Thüringenforst mit.
In Deutschland häufen sich Hitzeperioden nach Erkenntnissen von Meteorologen seit den 90er Jahren, die Spitzentemperaturen steigen. Das geht aus einer Auswertung von DWD-Daten in hervor. Untersucht wurden 14-tägige Hitzeperioden mit einer mittleren Tagestemperatur von mindestens 30 Grad zwischen 1950 und 2014 in Hamburg, Dresden, Mannheim, Frankfurt und München.