Wagner und Jean Paul: Bayreuth feiert zwei Jubilare

Bayreuth (dpa) - Einträchtig hängen sie nebeneinander, die Flaggen mit dem Konterfei von Jean Paul und die Flaggen mit dem Konterfei von Richard Wagner. Beiden widmet die Stadt Bayreuth in diesem Jahr ein großes Jubiläumsprogramm.

Der Dichter Jean Paul wurde vor 250 Jahren geboren, Wagner vor 200 Jahren. In der oberfränkischen Stadt vergeht kaum ein Abend, an dem man sich nicht entweder Wagner oder Jean Paul widmen kann.

Wer die Nase vorn hat in Sachen Popularität, ist eindeutig: Wagner ist ein Komponist von Weltgeltung. Er wird glühend verehrt. Aber auch verachtet, weil er gegen Juden hetzte und die Nationalsozialisten ihn später vereinnahmten.

Und Jean Paul? Nun ja. Er ist kein Klassiker wie Goethe und Schiller, auch kein Romantiker wie E.T.A. Hoffmann. Seine ausufernden Werke finden heute nicht mehr allzu viele Leser, auch wenn Jean Paul bei Kanonempfehlungen für Literaturstudenten nicht fehlen darf und die Wissenschaft sich seines Werkes durchaus annimmt. Aber er polarisiert nicht. Manche vertiefen sich gerne in sein Werk, andere finden ihn langweilig.

Wagner dagegen ist immer noch sehr präsent - seine Werke werden weltweit aufgeführt. Seine Festspiele verwandeln Bayreuth alljährlich im Sommer in eine lebendige Festivalstadt; wer ein Ticket will, muss oft jahrelang warten. Für die oberfränkische Stadt ist es heute ein Segen, dass Wagner einst hier seine Festspielidee verwirklichen konnte. Der Wagner-Clan, in dem gerne gestritten wird, herrscht immer noch am Grünen Hügel zu Bayreuth, derzeit sitzen die Urenkelinnen Eva Wagner-Pasquier und Katharina Wagner am Ruder.

Konzerte, Auftragswerke, Bildungsprogramme für Jugendliche, große Namen wie Sopranistin Annette Dasch und Dirigent Christian Thielemann - das Jubiläumsprogramm der Stadt Bayreuth wird nach Angaben einer Sprecherin rund vier Millionen Euro kosten, 1,5 Millionen davon kommen aus der Stadtkasse. Deutlich weniger Budget ist für Jean Paul angedacht - rund 400 000 Euro. Eingeladen sind etwa die Lyrikerin Nora Gomringer und der Kabarettist Gerhard Polt.

Zumindest in einem Punkt ist Jean Paul klar im Vorteil: Zwar ist auch das ihm in Bayreuth gewidmete Museum derzeit wegen Renovierung geschlossen - soll aber pünktlich zum Geburtstag am 21. März wieder öffnen. Das Richard-Wagner-Museum dagegen beschert der Stadtspitze seit Monaten schon Unbehagen und peinliche Schlagzeilen. Der Komplex ist eine große Baustelle, Gäste im Jubiläumsjahr stehen derzeit vor Bauzäunen und verschlossenen Türen. Zur Festspielzeit sollen zumindest provisorisch einige Räume zugänglich sein. Dort wollen die Stadt und das Haus der Bayerischen Geschichte die Schau „Götterdämmerung“ über Wagners Mäzen Ludwig II. zeigen. Danach geht die Sanierung weiter.

Was Richard Wagner übrigens über den Bayreuther Dichter dachte, lässt sich nicht hundertprozentig rekonstruieren. 1842 notierte er im Gefühl der Heimatlosigkeit in Paris: „Deutscher sein ist herrlich, wenn man zu Haus ist, wo man Gemüt, Jean Paul und bayrisches Bier hat.“ Mehr als 30 Jahre später fand er in Bayreuth eher reservierte Worte über Jean Paul: „Ja, und doch, er hat originelle Gedanken gehabt wie der Tod nach dem Tode, wusste sie nicht anders auszudrücken als in der Form, die uns affektiert erscheint.“