„Mensch Maria“ Wallfahrt in Kevelaer und ein Hauch von Oberammergau
Kevelaer (dpa) - Auch wenn sie das in Kevelaer für vermessen halten: Natürlich denkt man gleich an die Passionsspiele in Oberammergau. Auch wenn das Marienfestspiel am Niederrhein einige Nummern kleiner ausfallen wird und die Passionsspiele ja unvergleichlich sind.
Am Montag hat in Kevelaer eine ganz besondere Wallfahrtszeit begonnen - wie seit ewigen Zeiten mit drei symbolischen Hammerschlägen gegen das wuchtige Pilgerportal der Marienbasilika und den Worten „Öffnet die Tore eures Herzens Christus, dem Erlöser“.
Rund eine Million Pilger werden bis November in die kleine Stadt am Niederrhein strömen, um Trost und Hoffnung zu suchen bei Maria, „Trösterin der Betrübten“ und um sie zu verehren. Sie werden innehalten vor dem kleinen Andachtsbild in der Kapelle, dem so genannten Gnadenbild, mit dem vor 375 Jahren alles begann. Es ist ein Kupferstich mit der Gottesmutter, eingerahmt von Gold- und Silberverzierungen, Edelsteinen, Perlenketten.
Das Bild steht für die Geschichte der Wallfahrt und die Eheleute Busman: Früher war anstelle des Kapellchens ein Wegekreuz, an den der Handelsmann betete - als ihm eine Stimme sagte, er solle an der Stelle ein Kapellchen bauen. Nach einer beeindruckenden nächtlichen Erscheinung kaufte seine Frau einem luxemburgischen Soldaten das Heiligenbildchen ab. Sobald das kleine Bild in der Kapelle war, kamen jede Menge Menschen aus der Umgebung. Heute gilt die kleine Stadt am Niederrhein als zweitgrößter Pilgerort in Deutschland.
Die Wallfahrt 2017 wird wohl in die Geschichte der Wallfahrt eingehen: Das Marienfestspiel „Mensch! Maria!“ (10./11. Juni) wird uraufgeführt. Darin ist das Leben Marias biblisch angelegt, aber ansonsten ganz lebensnah, wie Wallfahrtsleiter Rainer Killich sagt: „Es gibt immer einen Brückenschlag zur Gegenwart.“
Der Organist der Marienbasilika in Kevelaer, Elmar Lehnen, hat dafür fast drei Stunden Musik komponiert. Der Text kommt von dem jungen Theologen Bastian Rütten: „Modern, aktuell, zeitgemäß“, verspricht Killich.
Mit rund 300 Darstellern wird das Marienfestspiel bei weitem nicht an die zuletzt 2000 Mitwirkenden von Oberammergau heranreichen, aber für die Regie auf historischen Kapellenplatz ist das schon eine Herausforderung: ein großer Projekt-Chor aus der Region, Laiendarsteller aus Kevelaer, ein zusammengestelltes Sinfonieorchester aus der Region, Solisten und ein Erzähler, der zwischen den Szenen den Rahmen zusammenhält.
Das Marienfestspiel soll nach bisherigen Überlegungen alle fünf oder zehn Jahre stattfinden und dafür auch fortgeschrieben werden. Also doch ein bisschen Oberammergau? „Tief im Hinterkopf kann man sich das vielleicht so vorstellen, ohne dass wir dieses Dimensionen auch nur annähernd erreichen“, bleibt Killich bescheiden. Aber immerhin: der Samstag ist schon ausverkauft.
Das ganze Jahr über kommen Menschen nach Kevelaer und erhoffen sich Trost und Hilfe auch bei ganz alltäglichen Dingen. „Bitte hilf, dass mein Enkel einen Ausbildungsplatz bekommt“ steht in einem Eintrag vom April. Die spirituelle Kraft des Gnadenbildes dürfte am 3. Juni noch einmal ganz anders wirken, wenn etwas ganz Seltenes passiert: Das Bild wird aus der Kapelle genommen und durch die Stadt getragen. In Zukunft soll das nicht mehr alle 50 Jahre passieren, sondern wohl alle 25 Jahre.