Was es mit den Konfektionsgrößen auf sich hat
Berlin (dpa) - Größe 44: Das war früher ideal. Was es mit der Geschichte der Konfektionsgrößen auf sich hat, erklärt eine Kulturwissenschaftlerin vor Beginn der Berliner Fashion Week (17. bis 22. Januar).
Wer nicht in Größe 38 passt, kann sich trösten: Vor 100 Jahren war Größe 44 ideal. „Wir haben heute viel schlankere Maße als es früher der Fall war“, erklärt die Kulturwissenschaftlerin Daniela Döring, die historische Konfektionsgrößen und die Vermessung des Körpers erforscht hat, anlässlich der Berliner Modewoche.
Bis um das Jahr 1960 hatte demnach jedes Geschäft ein individuelles System für Größen. Erst dann starteten statistische Reihenmessungen. Die heute bekannten Konfektionsgrößen wie 38 oder 42 fanden sich bereits in ersten Größentabellen um die Jahrhundertwende.
„Auf diese Zahlen scheint man sich in einer stillschweigenden Übereinkunft geeinigt zu haben“, sagt Döring (37). Ob die Größen auf das Maß der halben Oberweite oder auf den Hüftumfang in Zoll zurückgehen, lässt sich ihr zufolge nicht eindeutig feststellen.
Im 19. Jahrhundert gab es in Berlin noch ein völlig anderes System, wie die Buch-Autorin („Zeugende Zahlen“) schildert. Die Gebrüder Manheimer entwickelten im Berliner Modeviertel am Hausvogteiplatz Größeneinheiten, die durch Sterne gekennzeichnet wurden.
Blau stand laut der Potsdamer Forscherin für jugendliche Körper, gelb für „normale“ Größen, rot und grün für ältere Frauen. „Probierdamen“ führten die Kleider den Kundinnen vor. Das sprichwörtliche „Fräulein Gelbstern“ wurde in Romanen, Gedichten und Liedern verewigt. Das war, bevor der gelbe Stern von den Nationalsozialisten missbraucht wurde.
Auch gegenwärtig herrscht noch Konfusion in der Konfektion, erläutert Döring. „Zwar können sich Kundinnen und Kunden an den gängigen Kleidergrößen wie beispielsweise XS, M, XXL oder 38 bis 58 orientieren, jedoch sind die für einen Schnitt verwandten Maße nicht nur von Geschäft zu Geschäft verschieden, sondern weisen auch regionale und nationale Differenzen auf.“ Das Messen gehe also weiter.
Auf einer Hochzeitsmesse hat Döring beobachtet, wie heute die Maße der Models an der Wirklichkeit vorbeigehen. „Sie passten in die Kleider nicht hinein, weil sie zu dünn waren.“