„Weiße Rose“-Guillotine lag Jahrzehnte im Depot
München (dpa) - Die Guillotine, mit der die Geschwister Scholl von der Widerstandsgruppe „Weiße Rose“ 1943 von den Nationalsozialisten ermordet wurden, lagert vermutlich seit Jahrzehnten in einem Depot des Bayerischen Nationalmuseums in München.
„Dieses Gerücht gibt es schon lange, aber wir sind uns jetzt ziemlich sicher, dass es sich um das Fallbeil handelt, mit dem Hans und Sophie Scholl umgebracht wurden“, sagte der Referent für Volkskunde, Sybe Wartena, und bestätigte einen Bericht des Bayerischen Rundfunks. Die Tötungsmaschine galt als verschwunden.
„Dieses Fallbeil ist ein Fund von singulärer Bedeutung für die deutsche Geschichte“, sagte der bayerische Kunstminister Ludwig Spaenle (CSU) am Freitag der Nachrichtenagentur dpa in München. „Es ist kein Exponat, das beliebig in einer Ausstellung zu sehen sein sollte.“
Seiner Ansicht nach sollten sich Historiker, Ethiker, Politikwissenschaftler und die Weiße Rose Stiftung gründlich mit der Frage auseinandersetzen, was mit dem Fallbeil geschehen soll, unter dem bisherigen Erkenntnissen zufolge wohl die Geschwister Scholl sowie Christoph Probst am 22. Februar 1943 in der Münchner Justizvollzugsanstalt Stadelheim hingerichtet wurden.
Die Weiße Rose Stiftung, die sich dem Andenken an die Widerstandsgruppe um die Geschwister Scholl widmet, wusste nach Angaben einer Sprecherin nichts von dem Verbleib der Guillotine - auch der Experte Ulrich Chaussy, der im vergangenen Jahr ein Buch über die „Weiße Rose“ auf den Markt brachte, zeigte sich überrascht. Er habe selbst über den Verbleib des Fallbeils recherchiert - sei ihm aber nicht auf die Spur gekommen.
Bislang hatte man angenommen, die Guillotine sei 1945 bei Straubing in der Donau versenkt worden. Das stimmt nach den Erkenntnissen Wartenas aber nicht. Augenzeugen hätten dies widerlegt und trotz intensiver Suche sei das Fallbeil nicht gefunden worden. Ein weiteres Indiz: Der letzte bayerische Henker, Johann Reichart, hat diese Guillotine wohl als einzige umgebaut. „100-prozentige Sicherheit haben wir noch nicht“, sagte Wartena. „Aber es spricht alles dafür.“
Einmal sei die Guillotine, die aller Wahrscheinlichkeit nach die Widerstandskämpfer gegen das Hitler-Regime tötete, übrigens schon ausgestellt worden, sagte Wartena - in einer Ausstellung über Karl Valentin im Münchner Stadtmuseum. Damals sei nicht bekanntgewesen, welche Bedeutung die Guillotine wohl hatte. „Sie wurde in einer Weise präsentiert, wie wir es auf keinen Fall wieder haben wollen“, betonte der Kunsthistoriker. Damals seien Stoffpuppen unter dem Fallbeil platziert worden. Minister Spaenle sagte dazu, das sei „makaber genug“.