Weltmädchentag 2018 Einmal Ministerin sein - Mädchen übernehmen weltweit das Kommando
Hamburg/Berlin · Fast überall auf der Welt werden Mädchen benachteiligt. Um das zu ändern, haben die Vereinten Nationen den Weltmädchentag ins Leben gerufen. Am 11. Oktober übernehmen sie symbolisch die Macht - so wie eine 21-Jährige im Bundesfinanzministerium.
Gleichberechtigung und politische Teilhabe: Für ihren Tag im Bundesfinanzministerium hat sich Celina Kühl große Themen vorgenommen. Die 21-Jährige aus Hannover hat vor dem Weltmädchentag am 11. Oktober für einen Tag symbolisch das Kommando von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) übernommen. „Ich möchte ihn fragen, wie irgendeine beliebige Frau - also nicht unbedingt ich, aber eine wie ich - Finanzministerin werden könnte“, kündigt die Studentin an. Dann nimmt sie in Scholz' großem Chefsessel Platz - der Minister hat seinen Schreibtisch extra vorher aufgeräumt, wie er erklärt.
Zuvor hatte die Studentin am Mittwoch bereits Gespräche mit Staatssekretär Wolfgang Schmidt und zwei Referatsleiterinnen im Bundesfinanzministerium. Kühl, die normalerweise International Business studiert, ist nicht die einzige, die zum Weltmädchentag im Sessel eines männlichen Chefs Platz nimmt. Über 1000 solcher sogenannter Takeover sind in mehr als 70 Ländern geplant.
Den Weltmädchentag gibt es seit 2011
Die Vereinten Nationen (UN) riefen den Weltmädchentag 2011 ins Leben - auf Initiative des Kinderhilfswerks Plan International Deutschland. „Der Tag soll zeigen, dass Jungen und Mädchen noch immer nicht die gleichen Chancen haben und Mädchen weltweit benachteiligt, diskriminiert und missbraucht werden – nur weil sie Mädchen sind“, sagt Plan-Geschäftsführerin Maike Röttger.
Um die Aktion zu unterstützen, erstrahlen am Abend des 11. Oktober rund 60 bekannte Gebäude, Wahrzeichen und Denkmäler in knapp 30 deutschen Städten in Pink - darunter der Funkturm in Berlin, die St.-Petri-Kirche in Hamburg und das Neue Rathaus am Marienplatz in München.
Das Takeover im Bundesfinanzministerium ist eine Premiere. Doch weltweit haben in den vergangenen Jahren schon einige Regierungschefs, Minister oder Leiter globaler Konzerne teilgenommen. Die Forderung, die die jungen Frauen an sie richten: Vorurteile und Diskriminierungen abschaffen, die ihnen noch immer im Weg stehen.
Kanadas Premierminister Justin Trudeau teilte vor einem Jahr sein Büro mit der 23-jährigen Breanne. Alpha Condé, Präsident der Afrikanischen Union, stellte seine Amtsräume ebenso zur Verfügung wie Juha Sipilä, Premierminister von Finnland.
Seit 2013 setzt sich Celina Kühl im Jugendbeirat von Plan für die Rechte von Kindern ein. Kennengelernt hat sie das Kinderhilfswerk über eine Patenschaft ihrer Mutter zu einem Kind in Tansania. „Ich selber habe unglaubliches Glück, in Deutschland aufzuwachsen. Mir stehen alle Türen offen, ich kann frei entscheiden, was ich mit meinem Leben machen möchte“, sagt sie. Bei einer Reise mit Plan nach Ghana habe sie gelernt, dass viele Kinder in anderen Ländern diese Möglichkeiten nicht haben. „Deshalb möchte ich mich für sie einsetzen und ihnen eine Stimme geben.“
Scholz: „Der Weg zu völliger Gleichberechtigung ist noch lang“
Scholz sei der richtige Ansprechpartner. „Schließlich kontrolliert er die Finanzen“, meint die Studentin. Und er könne mitentscheiden, wie viel Geld vom Bruttonationaleinkommen (BNE) für die Entwicklungshilfe ausgegeben wird. Nachdem Deutschland das Ziel von 0,7 Prozent 2016 vor allem wegen der Flüchtlingshilfe erstmals erreicht hatte, soll in den kommenden Jahren wieder weniger Geld für die Entwicklungshilfe ausgegeben werden.
Nun kann Kühl ihr Anliegen beim Finanzminister persönlich vortragen. Dieser zeigte sich über die weibliche Unterstützung erfreut. „Der Weg zu völliger Gleichberechtigung ist noch lang“, sagte er. „Der wirtschaftliche Erfolg unseres Landes und der gesellschaftliche Zusammenhalt hängen von der Gleichberechtigung in allen Lebensbereichen ab.“ Auch das Bundesfinanzministerium werde sich da bessern, verspricht Scholz - bevor er und Kühl in seinem Büro verschwinden, um sich an die Arbeit zu machen.