Wuppertal Wie der Fußball Flüchtlingen eine sportliche Heimat bietet

Der SC Sonnborn hat acht minderjährige Flüchtlinge aufgenommen, um ihnen die Integration in die neue Heimat zu erleichtern.

Foto: Anna Schwartz

Wuppertal. Desbele nimmt Anlauf, er fixiert kurz den Torhüter, schaut nach unten auf den Ball, dann richtet er seinen Blick wieder aufs Tor — und zieht ab. Der Keeper wehrt zwar ab, doch dann reckt er den Daumen seiner rechten Hand nach oben. Das Signal für den Schützen, dass sein Schuss gar nicht mal so schlecht war. Desbele freut sich. Mit einem Lächeln im Gesicht läuft er hinter das Tor und holt den Ball.

Kadri Capan, Jugend-Trainer beim SC Sonnborn

Eine Szene, wie sie sich auf Fußballplätzen in ganz Deutschland täglich abspielt. Und doch gehört das Training des SC Sonnborn noch nicht lange zum Alltag des 17-Jährigen. Desbele ist einer von acht Flüchtlingen, die seit wenigen Wochen der A-Jugend des Vereins aus Wuppertal angehören.

Sie sind aus Eritrea, Somalia oder auch dem Kosovo nach Deutschland gekommen. Ihre Flucht habe teilweise Jahre gedauert, erzählt Detlef Bollmus (55). Der Erzieher betreut vier der Minderjährigen, die erst seit wenigen Monaten in Wuppertal leben. Gemeinsam mit Trainer Kadri Capan steht er nun am Spielfeldrand und beobachtet das Geschehen auf dem Platz.

Capan ist eigentlich Coach der B-Jugend des SC Sonnborn. Mittlerweile kümmert er sich in der U19 aber vorwiegend um die neuen Spieler. „Ich weiß, was die Jungs durchmachen. Ich habe das alles selbst erlebt“, erzählt der 29-Jährige. Capan ist Kurde. 1996 kam er als kleiner Junge nach Deutschland. Wie es ist, in einem Land fremd zu sein, die Sprache nicht zu verstehen - das kann der junge Trainer nachempfinden. Und deshalb möchte er helfen. Jeder habe schließlich das Recht auf ein sicheres Leben, so Capan. Das sei aber in den Heimatländern der Jungen nicht gewährleistet. „Ich kann nicht die Welt verändern, aber ich kann in meinem Umfeld etwas bewirken“, sagt er und entschuldigt sich kurz, weil er noch etwas in einer der Kabinen des Vereinsheims vergessen hat.

Bewirkt haben Kadri Capan und der Cheftrainer der Sonnborner A-Jugend, Gani Balija (40), bereits einiges, ist sich Erzieher Detlef Bollmus sicher. Denn die von ihm betreuten Jugendlichen, die häufig schwer traumatisiert wurden auf ihrer Flucht nach Europa, würden sich beim SC Sonnborn gut aufgehoben fühlen. Vieles sei zwar neu für sie, aber: „Die Jungs brennen für den Fußball“, sagt der 55-Jährige. Und das sei bei den anderen Spielern der A-Jugend, die schon länger beim SC Sonnborn kicken, ja auch nicht anders.

Die Integration der jungen Migranten in die bestehende Mannschaft und damit auch ein Stück weit in die Gesellschaft, das ist den Aktiven des SC Sonnborn eine Herzensangelegenheit. „Fußball verbindet eben“, sagt Kadri Capan, als er zurück auf den Platz kommt. Bald ist er 20 Jahre Mitglied des SC Sonnborn. Genauso lange ist er bereits in Deutschland. Für einen der Jungs hat Capan noch ein Paar Fußballschuhe aus der Trainerkabine geholt. Seine eigenen. „Bei dem Regen ist das doch nix mit den normalen Sportschuhen“, sagt er noch im Umdrehen, dann läuft er auf das Spielfeld.