Bergungsarbeiten und Ermittlungen Wie konnte es zum Zugunglück bei Garmisch-Partenkirchen kommen?

Garmisch-Partenkirchen · Fünf Menschen sterben am Pfingstwochenende, weil eine Regionalbahn plötzlich entgleist. Vermisst wird nach dem verheerenden Unfall niemand mehr. Eine Person schwebt noch in Lebensgefahr.

Ukrainerinnen unter Opfern von Garmisch-Partenkirchen
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Nach dem Bahnunglück mit fünf Toten und 40 Verletzten in Garmisch-Partenkirchen ist der letzte umgestürzte Waggon für den Abtransport zerlegt worden. Die Unglücksursache war am Pfingstmontag allerdings weiterhin unklar.

Eine verletzte Person schwebe noch in Lebensgefahr, wie die Polizei mitteilte. Die Kirchen hatten für den Abend zu einem ökumenischen Gebet in die Pfarrkirche Maria Himmelfahrt in Garmisch-Partenkirchen eingeladen.

Der DB-Regionalexpress nach München war am Freitagmittag kurz nach der Abfahrt auf der eingleisigen Strecke mit rund 140 Fahrgästen direkt neben einer Bundesstraße entgleist. Vier Frauen im Alter von 32, 39, 70 und „nach bisherigen Erkenntnissen“ 51 Jahren sowie in Junge im Teenageralter kamen ums Leben, wie die Polizei mitteilte. Drei Frauen und der Junge konnten erst am Samstag unter den umgestürzten Waggons geborgen werden. Eine Frau war zuvor auf dem Weg ins Krankenhaus gestorben. Weil die Verletzten mit Rettungshubschraubern und Rettungswagen in mehrere Krankenhäuser, auch in Österreich, gebracht wurden, hatten bis Samstagmittag noch sieben Menschen als vermisst gegolten.

Ein Schienenkran aus Wanne-Eickel

Drei Straßenkräne und ein aus Wanne-Eickel herangebrachter Schienenkran mit 250 Tonnen Hebeleistung legten die drei über eine Böschung herabgestürzten Doppelstock-Waggons so, dass sie von Baggern mit Scherenarmen halbiert werden konnten. Die Waggonhälften wurden dann auf Tiefladern in eine nahe Kiesgrube gefahren. Starker Regen erschwerte die Arbeiten am Freitag und am Sonntag.

Die Ermittlungen zur Unfallursache führt eine Soko „Zug“ unter Leitung der Staatsanwaltschaft München II. Die Ermittler werden von Sachverständigen vor Ort unterstützt. Auch die Bundesstelle für Eisenbahnunfalluntersuchung (BEU) ist beteiligt, wie eine Bahnsprecherin sagte.

Der bayerische Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) hatte gesagt, den Experten vor Ort zufolge sei ein technischer Defekt „die wahrscheinlichste Ursache“. An dem Unglück sei kein anderes Fahrzeug beteiligt gewesen. Der Zugführer wurde vernommen. Was er gesagt hat, teilte die Polizei nicht mit.

Nadelöhr für Urlauber

Die Strecke ist nach Angaben eines Bahnsprechers mit elektronischen Stellwerken und moderner Sicherungstechnik ausgerüstet. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP), der mit Bahnchef Richard Lutz den Unglücksort am Samstag besucht hatte, versprach eine umfangreiche Aufarbeitung. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatte seine Bestürzung mitgeteilt und Polizei und Rettungskräften gedankt. An mehreren Stellen rund um die abgesperrte Unglücksstelle hatten Bürger Blumen niedergelegt und Kerzen aufgestellt.

Für die Region um die Zugspitze bedeutet das Unglück auch verkehrstechnisch eine große Herausforderung, auf einer Strecke, die ohnehin als Nadelöhr für Urlauber und Ausflügler bekannt ist. Am Samstag begannen in Bayern die Pfingstferien. Die Bundesstraße ist in der Region wegen der Bergungsarbeiten weiter gesperrt. Die Zufahrt zu den Passionsspielen im nahe gelegenen Oberammergau ist möglich.

Die Begutachtung und Instandsetzung der Bahnstrecke könne erst nach Abschluss der Bergungsarbeiten beginnen, eine Prognose zur Freigabe der Strecke sei nicht möglich, teilte die DB mit. Ersatzbusse seien im Einsatz, aber von nicht zwingend erforderlichen Zugfahrten im Bereich Garmisch-Partenkirchen - Murnau werde abgeraten.

Gedenkgottesdienst geplant

Die beiden großen Kirchen planen für den 11. Juni in Garmisch-Partenkirchen einen Gedenkgottesdienst mit dem Erzbischof von München und Freising, Kardinal Reinhard Marx, und dem evangelischen Regionalbischof Christian Kopp. Weitere Details wolle man im Lauf der Woche bekanntgeben, teilte ein Sprecher des Erzbistums München-Freising am Montag mit.

Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder hatte am Samstag an der Unglücksstelle von einem „Stich ins Herz“ gesprochen. In dem Regionalzug waren am letzten Schultag vor den Pfingstferien auch viele Schulkinder gewesen. Erst im Februar waren in Schäftlarn südlich von München zwei S-Bahnen auf eingleisiger Strecke frontal zusammengestoßen, ein Fahrgast war ums Leben gekommen, 18 Menschen waren verletzt worden.

(dpa)