Wie sozial ist das Sozialticket?

Der billigen Monatskarte könnte das Bärenticket für Senioren zum Opfer fallen.

Düsseldorf. Schwarz-Grün gilt als eine Option für die nächste Landesregierung. Eine Gelegenheit zum Ausprobieren gibt es jetzt schon beim Verkehrsverband Rhein-Ruhr (VRR). In der Verbandsversammlung haben CDU und Grüne ein neues Bündnis geschmiedet, inklusive Koalitionsvereinbarung. Und der enthält Sprengstoff: Verbundweit soll ein Sozialticket eingeführt werden, also verbilligte Monatskarten für HartzIV-Empfänger und Geringverdiener. Das Ticket 1000 im Abo würde in Großstädten wie Düsseldorf nur 23 statt jetzt 50,48 Euro je Monat kosten.

Klingt sozial, klingt gut. Doch wer soll das bezahlen? Viele Kommunen sind klamm - können nicht, selbst wenn sie wollten. So wie Essen: Dort wollte man 2008 ein Sozialticket einführen. Doch der Regierungspräsident bremste den Plan angesichts der maroden Kassenlage aus. Jetzt also soll es ein Sozialticket für den ganzen Verbund geben, sehr zum Unmut vieler Verkehrsunternehmen.

Sie fürchten, auf den Kosten sitzen zu bleiben. Die Stadtwerke Krefeld (SWK) rechnen mit einer Million Euro Mindereinnahmen, wenn viele bisherige Abo-Kunden zum günstigeren Sozialticket wechseln. Dirk Biesenbach, Chef der Düsseldorfer Rheinbahn, fürchtet noch Schlimmeres: "Unser Verlust könnte zwischen sechs und neun Millionen Euro liegen."

Dies sei nur dann akzeptabel, wenn die Kommunen den Betrag ausgleichen würden. Das aber haben CDU und Grüne in der Koalitionsvereinbarung ausdrücklich ausgeschlossen.

Norbert Czerwinski, für die Grünen in der Verbandsversammlung, glaubt auch nicht, dass das nötig ist: "Nach unseren Berechnungen kann ein Sozialticket kostenneutral sein." Denn es werde auch Neukunden bringen, Mindereinnahmen könnten so weitgehend ausgeglichen werden. "Schlicht unmöglich", kontert Biesenbach und verweist auf Köln: "Obwohl das Sozialticket dort einen höheren Verkaufs-Preis hat als im VRR geplant, muss die Stadt jährlich einen siebenstelligen Betrag zuschießen."

Dass ein Fehlbetrag nicht auszuschließen ist, räumt auch Czerwinski ein. "Im Zweifelsfall müssen wir andere Subventionen auf den Prüfstand stellen." Dabei im Visier: Das Bärenticket für Senioren - für 62 Euro monatlich kann man damit im ganzen VRR fahren, sogar in der ersten Klasse.

Der Ticketinhaber muss nur über 60 Jahre alt sein. Das Angebot ist ein Zuschussgeschäft, von dem auch gutsituierte Senioren profitieren. Nur sie treffe man bei einer Abschaffung, so die Überlegung - für arme Rentner gebe es dann ja das Sozialticket.

Manfred Neuenhaus (FDP) sieht das anders: "Da werden die Rentner gegen die Armen ausgespielt, das ist ungerecht." Und Biesenbach meint: "Selbst wenn man das Bärenticket abschafft - so viel ist da nicht rauszuholen."

Der Schwarze Peter liegt nun beim VRR-Vorstand: Er soll bis zum Frühjahr ein Konzept mit belastbaren Zahlen erarbeiten. Viel mehr Zeit bleibt nicht: Nach dem Willen der Grünen soll das Sozialticket schon im August eingeführt werden.