Krankheitskosten durch Rauchen höher als angenommen
München/Hamburg (dpa) - Nach einer Studie des Helmholtz Zentrums München verursacht Rauchen in Deutschland deutlich höhere volkswirtschaftliche Kosten als bisher angenommen.
Nach dieser Datenanalyse von rund 3000 Erwachsenen liegen die Kosten der medizinischen Versorgung und des Arbeitsausfalls für Nichtraucher bei rund 3200 Euro im Jahr - für Raucher dagegen bei 3900 Euro und für ehemalige Raucher sogar bei 4300 Euro.
Nach Angaben der Münchner Forscher verursachte ein Raucher im Jahr 2008 etwa 700 Euro mehr Kosten für die medizinische Versorgung und durch Arbeitsausfall als ein Nichtraucher. Ein Ex-Raucher, der oftmals krankheitsbedingt mit dem Rauchen aufhöre, sogar 1100 Euro mehr.
Berechnungen der Universität Hamburg ermittelten bisher bundesweit jährliche Kosten des Rauchens von insgesamt 35 Milliarden Euro. Das entspreche rund 2180 Euro pro Raucher - Gesundheitskosten und Fehltage miteingerechnet, erläutert Tobias Effertz vom Institut für Recht und Wirtschaft der Universität Hamburg.
„Vom Ansatz her ist die neue Studie gut, die Kosten des Rauchens in Deutschland sind auch meiner Meinung nach noch stark unterschätzt“, ergänzt Effertz. Er kritisiert jedoch unter anderem, dass sich die Studie lediglich auf Umfragen in der Region Augsburg stützt.
„Auch die Angaben für Ex-Raucher halte ich für zu hoch gegriffen“, sagt Effertz. Aus Studien, zum Beispiel vom Deutschen Krebsforschungszentrums, sei bekannt, dass sich Sterberisiko und Krankheitsverläufe nach dem Verzicht auf Tabak deutlich verbesserten und somit weniger volkswirtschaftliche Kosten entstünden als bei aktiven Rauchern.
Effertz berechnet zurzeit den Effekt von Tabakkonsum auf die Kosten im Gesundheitssystem mit Daten der Gesetzlichen Krankenkassen noch genauer - mit Blick auf das Quartal. In seinen jüngsten, bislang unveröffentlichten Schätzungen verursachen Raucher 500 bis 700 Euro Mehrkosten pro Quartal im Gesundheitswesen - verglichen mit Nichtrauchern.
Die Münchner Forscher argumentieren, dass bisherige Studien, die auf anderen Berechnungsmodellen beruhen, nicht alle gesundheitlichen Konsequenzen des Rauchens berücksichtigen konnten. In ihre Untersuchung, die in der Fachzeitschrift „BMC Health Services Research“ veröffentlicht wurde, haben sie die Daten von rund 3000 Erwachsenen aus der bevölkerungsbasierten Kora-Studie einbezogen. In Kora-Studien werden seit über 20 Jahren die Gesundheit Tausender Bürger sowie die Auswirkungen von Umweltfaktoren, Verhalten und Genen erforscht.
„Rauchen ist eines der größten vermeidbaren Gesundheitsrisiken“, sagt Reiner Leidl, der Leiter des Instituts für Gesundheitsökonomie und Management im Gesundheitswesen am Helmholtz Zentrum München. Trotz des Wissens um gesundheitliche Risiken rauchten etwa 30 Prozent der erwachsenen deutschen Bevölkerung.