Mammuts der arktischen Tundra fraßen vornehmlich Kräuter
Kopenhagen (dpa) - Die arktische Tundra vor über 10 000 Jahren könnte ganz anders ausgesehen haben als bisher gedacht. Wollnashörner und Mammuts fraßen sich ihren Winterspeck wahrscheinlich nicht nur mit Hilfe von Gräsern an, sondern nutzten zu einem großen Teil auch energiereiche, proteinhaltige Kräuter.
Das schließen dänische Biologen aus einer neuen Bestandsaufnahme der arktischen Flora der vergangenen 50 000 Jahre. Die genetische Untersuchung zeige ein ganz neues Bild der prähistorischen Tundra, berichtet das Team im britischen Fachjournal „Nature“.
Die Rekonstruktionen der früheren Pflanzenwelt hätten sich bislang meist auf die Analyse von Pollen gestützt, berichten der Evolutionsbiologe Eske Willerslev von der Universität Kopenhagen und Kollegen. Das führe allerdings dazu, dass die Verbreitung von Pflanzen, die viele Pollen produzieren, stark überschätzt werde - vor allem also die der Gräser.
Willerslev und seine Mitarbeiter untersuchten dagegen 242 sicher datierte Permafrost-Bodenproben aus 21 Orten der Nordhalbkugel auf genetische Überbleibsel, die auf die Art der früheren Vegetation schließen ließen.
Das Ergebnis war überraschend und widerspricht dem Bild, das sich Forscher bisher von der früheren arktischen Flora gemacht hatten. Während des größten Teils der vergangenen 50 000 Jahre war dieses Gebiet demnach zwar wie erwartet eine trockene Steppe - diese wurde allerdings nicht von Gräsern dominiert, sondern bestand überwiegend aus kleinen krautigen Pflanzen.
Zur Zeit der maximalen Vereisung in der letzten Eiszeit vor 25 000 bis 15 000 Jahren nahm dann die Vielfalt der Pflanzengesellschaft stark ab, aber noch immer dominierten die Kräuter. Erst vor etwa 10 000 Jahren, als die Tundra feuchter wurde, änderte sich dies. Die Kräuter gingen zurück und machten Platz für Gräser und holzige Pflanzen.
Dies bedeute, dass die großen Pflanzenfresser wie das Mammut und das Wollnashorn sich vermutlich zu einem großen Anteil nicht von Gräsern, sondern auch von den energiereicheren, proteinhaltigen und leichter verdaulichen Kräutern ernährt haben, schließen die Biologen. Dies könnte erklären, warum sich diese großen Tiere in der Arktis ernähren konnten.
Möglicherweise gab es zur damaligen Zeit eine gegenseitige Rückwirkung: Die krautigen Pflanzen ermöglichten das Überleben von Herden großer Pflanzenfresser, diese wiederum zertrampelten die Grasnarbe und förderten in den Lücken ständig die Neu-Ansiedlung von Kräutern. Erst der Anstieg der Temperaturen nach der Eiszeit und der Rückgang der großen Pflanzenfresser führte demnach schließlich zu der überwiegend grasbedeckten Tundra, die wir heute sehen.